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BERLIN/ Staatsoper: ORFEO von Monteverdi à la Sasha Waltz

03.07.2015 | Ballett/Performance, Oper

Berlin/ Staatsoper:ORFEO“, Monteverdi à la Sasha Waltz mit großartigem Orpheus, 02.07.2015

Orfeo, Anna Lucia Richter als Euridice ® Sebastian Bolesch
Orfeo, Anna Lucia Richter als Euridice ® Sebastian Bolesch

Monteverdi-Opern müssen getanzt werden, so wie „Orfeo“ bei der Uraufführung 1607 in Mantua zum Geburtstag des Herzogs Francesco IV Gonzaga. Die Einheit von Instrumentalmusik, Gesang, Tanz und Bühne, die einst selbstverständlich war, wird nun in der Staatsoper im Schillertheater unter der Regie der Choreographin Sasha Waltz wieder hergestellt und zuletzt heftig bejubelt. 

Damit dieses Zusammenspiel gelingt, bedarf es jedoch einer wagemutigen „Truppe“. Die ist vorhanden, und damit sind nicht nur die perfekten Tänzerinnen und Tänzer von Sasha Waltz & Guests gemeint. Auch das Freiburger BarockConsort und das Vocalconsort Berlin unter der Leitung von Torsten Johann lassen diesmal nicht nur Noten und Stimmen tanzen. Sasha Waltz bringt sie alle in Bewegung. Zumindest diejenigen, die Ihre Instrumente tragen können, und die Sänger sowieso, die ihre Rollen erstaunlich geschickt und bewegungsfreudig interpretieren.     

Nach dem Prolog von La Musica (Anna Lucia Richter), die die Meriten der Musik besingt, startet wettermäßig genau passend die Hochzeitsparty auf einer Sommerwiese. Blumen werden gepflückt und zu Sträußen gebunden. Anna Luisa Richter mutiert nun zur bildschönen Braut Euridice mit einem ebenso schönen Sopran.

Georg Nigl, Orfeo, Anna Lucia Richter, Euridice, Foto Monika Rittershaus
Anna Lucia Richter (Euridice), Georg Nigl (Orfeo). Foto: Monika Rittershaus

Orpheus, der sie nun endlich errungen hat, weiß kaum wohin vor lauter Glück und Übermut. Der tanzt gewandt und singt, dreht sich und singt, rollt auf dem Boden und singt, und das mit unvermindert kräftigem, wohltönendem Bariton. Anna Lucia Richter, nun im hübsch gerafften Sommerkleid (Kostüme: Beate Borrmann) schwingt die Hüften, es käme sie gerade aus der Disco.

Darüber hinaus gestaltet Nigl jeden Ton und jede Passage, schildert den Überschwang ebenso glaubhaft wie seine abgrundtiefe Verzweiflung bei der Nachricht vom Tod seiner heiß geliebten Braut, die beim Fest an einem Schlangenbiss gestorben ist. Die Messaggiera, die die Unglücksbotschaft überbringt (Charlotte Hellekant mit warmem Mezzo), begleitet Orfeo dann als La Speranza (die Hoffnung) bis zum schwarzen Fluss Styx. (Bühne: Alexander Schwarz)

Orfeos Bittgesang (ohne Leier in den Händen) an den Fährmann Caronte (Douglas Williams mit schwarzem Bass), ihn genau wie die Toten in den Hades zu transportieren, müsste eigentlich jeden Stein erweichen. Aber der Fährmann, umringt von Verstorbenen – Tänzern mit nackten Oberkörpern als Opfer – bleibt hart, schläft jedoch bei soviel Wohlklang ein. Die Zuhörer dagegen sind hellwach. Mit welch innerlicher Beteiligung Nigl dieses Schwanken zwischen (leicht orientalisch eingefärbter) Trauer, aufkeimender Hoffnung und schließlichem Tatendrang gestaltet, ist großartig.  

Angekommen in der Unterwelt ist es Luciana Mancini als verführerische Proserpina, die ihrem Gatten Pluto (Konstantin Wolff) die Freilassung Euridices abschmeichelt. Sie schlingt die Beine um ihn, er trägt sie – mit volumigen Bass singend – auf dem Rücken. Den Sängerinnen und Sängern wird schon einiges abverlangt. Oft mischen sich auch die „Guests“ temperamentvoll unter sie und bilden gemeinsam mit ihnen manch lebendiges Tableau. 

Orfeo, das Volk tanzt, ®Monika Rittershaus
Orfeo, das Volk tanzt ® Monika Rittershaus

Getanzt haben Davide Camplani, Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola, Luc Dunberry, Hwanhee Hwang, Florencia Lamarca, Michal Mualem, Virgis Puodziunas, Zaratiana Randrianantenaina, Orlando Rodriguez und Joel Suárez Gómez

Wie die Sage endet, ist bekannt: Orfeo, der sich beim Gang aus der Unterwelt nicht nach Euridice umdrehen darf, tut es doch, und sie entschwindet auf immer. Noch heftiger klagt nun der Unglückliche, doch sein Vater, der Gott Apollo (Julián Millán), ruft ihn vom ersten Rang her klangvoll zur Raison. Orfeo hört auf zu jammern, wird zum Stern am Nachthimmel – eigentlich ist es seine Leier – und auch Euridice wird diese Ehre zuteil. Im Weltall erlischt die irdische Leidenschaft. – Das Volk ist glücklich über diese Lösung und tanzt wieder munter auf der Sommerwiese.

Danach Beifall für alle, Bravos und Getrampel insbesondere für den fabelhaften Georg Nigl und das Freiburger BarockConsort. Schließlich noch standing ovations für eine glückliche Sasha Waltz.   

Ursula Wiegand

Weitere Termine: 05. und 06.. Juli

 

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