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BERLIN/ Philharmonie: MAHLERS "AUFERSTEHUNGSSYMPHONIE" unter Simon Rattle

Berlin/Philharmonie: Simon Rattle mit MahlersAUFERSTEHUNGSSYMPHONIE“, 31.01.2015

Simon Ratterle, Foto Stephan Rabold
Simon Rattle. Foto: Stephan Rabold

 Ist es nun Zufall oder Fügung, dass Simon Rattle gerade an diesem Abend die „Symphonie Nr. 2 c-Moll  von Gustav Mahler im Programm hat? Wenige Stunden zuvor ist Deutschlands Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker gestorben. Spontan widmet Rattle dem Hochgeachteten und Freund der Berliner Philharmoniker dieses Konzert. Das Publikum, das den großen Saal bis zum letzten Platz füllt, erhebt sich zur Schweigeminute.

Diese Symphonie trägt den Beinamen „Auferstehung“ und wird so zum passenden Wunsch für den Dahingeschiedenen. Vielleicht ist es diesem Anlass geschuldet, dass Rattle das ihm ohnehin ans Herz gewachsene Werk mit ungewöhnlicher Ruhe und Eindringlichkeit dirigiert. Gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern setzt er diesem Auferstehungshymnus Glanzlichter auf, die diese Darbietung zu einem überragenden Ereignis machen.

Mahlers Nr. 2, an der der Komponist mit Unterbrechungen 6 Jahre lang arbeitete, ist allein schon herausfordernd und ergreifend genug. Rattle lässt die Musik fließen und bewahrt so die besondere Würde des Werkes, das im Dezember 1895 erstmals mit allen 5 Sätzen von den Berliner Philharmonikern aufgeführt wurde.

Eine Tradition, die prägt, selbst wenn inzwischen andere Könner an den Pulten sitzen. Die nehmen dieses Erbe und die Herausforderung dieses besonderen Tages mit spürbarer Hingabe an und bieten in großer Besetzung eine Glanzleistung, die selbst solch ein Spitzenorchester nicht immer abrufen kann.

Acht Contrabässe leiten mit dunklem Timbre diese Symphonie ein. Strahlend, wie aus dem Jenseits, folgen Violinen und Bläser. Manches wirkt tänzerisch, als zögen fröhliche Jugendtage vorbei. Nach dem Hinzutreten von Posaunen und Schlagwerk entsteht jedoch ein beinahe chaotisches Klanggebilde, das Publikum und Kritiker zu Mahlers Zeiten verstörte und empörte. Mit feierlichem Ernst, wie von Komponisten vorgegeben, beendet ein Trauermarsch diesen rd. 30minütigen 1. Satz.

Deutlich freundlicher, mal fast wienerisch, mal folkloristisch-tänzerisch wirken – trotz energisch bewegter Teile – die ruhigen Sätze 2 und 3, die ebenfalls nach Jugend und einem gelungenen Lebensabschnitt klingen. Im 4 Satz ist dann Schluss damit.

„Urlicht“ und „Der Mensch liegt in größter Not,“ hat ihn Mahler bekanntlich genannt und dafür Verse aus „Des Knaben Wunderhorn“ gewählt. Magdalena Kožená mit ihrem warmen Mezzo singt sie mit schlichtem Ernst, während die Philharmoniker alsbald das Jüngste Gericht beschwören.

Wunderbar innig gesellt sich der Rundfunkchor Berlin hinzu, eine der letzten Einstudierungen des scheidenden Leiters Simon Halsey. Alternierend mit der Sopranistin Kate Royal und Magdalena Kožená gelingt überzeugend die Wende zur Zuversicht. „Sterben werd’ ich, um zu leben!“, hat Mahler nach Klopstocks „Das Auferstehen“ gedichtet.

Etwas Besseres können Rattle und die Berliner Philharmoniker dem verstorbenen Richard von Weizsäcker und allen Toten nicht wünschen.

Nach dem letzten Ton springen die Zuhörer auf, belohnen diese Glanzleistung mit lang anhaltenden Ovationen. Die Musiker haben das Podium schon verlassen, doch Rattle, Halsey und die beiden Solistinnen müssen noch einmal auf die Bühne, um den Applaus entgegenzunehmen.  

  Ursula Wiegand

 

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