Berliner Philharmoniker mit Kirill Petrenko als Dirigent, 29.10.2025

Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko. Foto: Frederike von der Straeten
Tanzen macht Spaß, besonders dem Chefdirigenten Kirill Petrenko und seinen Instrumentalisten. Drei Tanz-Konzerte aus verschiedenen Zeiten stehen diesmal auf dem Programm.
Den Anfang macht Leoš Janáček (1854-1928) mit Lašské tance (Lachische Tänze), ein 20minütiges Stück mit den Sätzen Allegretto, Allegro, Moderato und Andante con moto. „Schön ist die Landschaft, ruhig der Menschenschlag, seine Mundart ist weich wie Butter“ so preist Janáček seine geliebte Mährische Heimat.
Den Beginn des 2. Weltkriegs hat er nicht mehr erlebt. Wanderungen durch die schöne Landschaft und das Sammeln der traditionellen Bauernmusik wurden sein Plaisier. Besonders fallen bei diesem kleinen Werk der Schmiedetanz auf, der förmlich Funken sprüht. Als Abschluss fungiert der recht wilde „Sägetanz“, bei dem die Leute ins Schwitzen gerieten.
Ja, das waren noch Zeiten. Sein Vorbild waren allerdings auch Antonín Dvořáks „Slawischen Tänze“. Schließlich wurde sogar das schlaue Füchslein erschossen, erhielt jedoch einen Nachfolger. Nach dem Janáček-Stück klatschte das Publikum freundlich Beifall, denn diese Zeiten sind leider vorbei, vermutlich auch in ländlichen Gegenden.
Mit solchen Nettigkeiten war es dann bei Béla Bartók (1881-1945) deutlich vorbei, selbst bei der Suite Sz. 73 mit dem eigentlich harmlos wirkenden Namen „Der wunderbare Mandarin“, eine Ballettpantomime, die es jedoch in sich hat.
Nun schillerte und brauste die Moderne im expressionistichen Gewand durch die Philharmonie. Welch ein Unterschied und welch eine unerwartete Heftigkeit. Alles jedoch wurde bestens dargeboten, mal fast als Schrei, teils in sagenhafter Geschwindigkeit und dennoch alles austariert. Welch anderes Orchester kann solches in dieser fast frechen Vollendung leisten?
Hält sie Petrenko alle an der Leine? Nein, das braucht er gar nicht. Sie alle wissen, was zu tun ist. Unübertrefflich sind die Bläser, und sie zeigen trotz ihrer vielen Einsätze auch keine Mühe. Doch eines wird auch klar: die gute alte Zeit ist endgültig vorbei. Statt lustiger Tanzerei wird ein Mord am reichen Mandarin ausgeheckt.

Die Philharmoniker mit Soloflötist Stefan Ragnar Höskuldsson. Foto: Frederike von der Straeten
Und dann noch Igor Strawinsky (1882-1971) mit seinem Ballett „Petruschka“ in der Fassung von 1947. Zwar haben wir jetzt gerade noch 2025, doch die Situationen sind in Deutschland teilweise noch schlechter. Mit einem Auto oder Lastwagen auf einen Weihnachtsmarkt zu rasen, um Menschen zu töten, ist leider keine Ausnahme. Die äußerst flinken Berliner Philharmoniker zeigen das quasi auf Strawinskys Weise mit auf.
Aus dem ursprünglich geplanten Orchesterwerk wurde jedoch ein berauschendes Ballett für die „Compagnie Ballets Russes“ die damals in Paris lebte. Die Handlung spielt jedoch beim Karneval 1830 auf dem Jahrmarkt in St. Petersburg. Nijinski tanzte die Titelrolle.
Die Ballerina Petruschka war jedoch ein verkleideter Mann, und der Mohr kämpfte umsonst um die angebliche Schöne. Mit seinem Säbel streckte der Mohr sie/ihn nieder. Dennoch Ende gut, alles gut. Als Geist erschien Petruschka erneut und zeigte dem Publikum eine Nase. Alles nur ein dramarisches Spiel. Auch noch heute?
Die Berliner Philharmoniker nehmen jedoch den Faden auf, die Instrumente im Schnellgang legen alle Geheimnisse bloß. Können das andere in dieser Perfektion nachmachen?
Die Instrumentalisten, geführt vom 1.Konzertmeister Daishin Kashimoto, meistern alles von der Riesentuba bis zur Soloflöte ganz großartig, und der Beifall für Petrenko und seine Crew einschließlich der Gäste ist danach heftig.
Übrigens gehören diese drei Tänze zu Petrenkos Lieblingsprogramm, und er nimmt sie auch mit auf die ausgedehnte Asientour, die nun nach Südkorea, Taiwan (wird das den Chinesen gefallen?), nach China und zuletzt nach Japan führt.
Wenn sie wieder zurückkehren, sollten sie eigentlich die/den Petruschka mitbringen. Dann wäre das tatsächlich getanzte Werk in Berlin wirklich komplett und auch zur Stadt genau passend.
Ursula Wiegand

