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BERLIN/ Opera Lab im Ballhaus Ost: GUNFIGHTER NATION – Quälender Dilettantismus

11.11.2016 | Oper

Quälender Dilettantismus 

Evan Gardner, ein junger amerikanischer Komponist, von einigen Institutionen gerade entdeckt, -so gab er ein interessantes Interview als Stipendiat in Bamberg -, schreibt er eine musikalische Performance zum Thema „Amerika“ mit dem Namen „Gunfighter Nation“. 

Als komplexes Musiktheater-Werk kann die improvisatorisch wirkende Aneinanderreihung von minimalistischen Szenen ohne dramaturgische Legierung kaum gelten. Zu dünn sind die Einfälle, die sich einerseits auf das leichte Verfremden traditioneller amerikanischer Harmonik und Melodik, andererseits auf ein einfaches Kollagieren von Geräuschen und Rhythmen beschränken, ohne auch im Ansatz zu einer persönlichen Klangsprache zu finden. Das gängige Mittel, mangelnden Ideenreichtum durch ständige Repetitionen zu kompensieren, fordert Wirkende wie Hörende gleichermassen belastend heraus. Oft reicht die Wirkung von Gardners Musik, die wirkt, als sei sie über vom Computer aufgenommene und vom Computer wieder niedergeschriebene Improvisation entstanden, nicht über Zufälliges hinaus. Am stärksten geraten immerhin noch das mehrstimmig verflochtene Traditional gleich zu Beginn und die verschobene Trompeten -Fanare gegen Ende des Werks.

Wer sich mehrdeutige USA Kritik an diesem Aberd sich erhofft, wird durch die Plattitüde der szenischen Umsetzung ein weiteres Mal enttäuscht. Michael Höppner inszeniert kleine Momente von  Vereinigte Staaten – Klischees ohne Kommentar oder Überhöhung in fast frommer Laienhaftigkeit. Nie gerät der Abend mehrdeutig oder stellt Fragen. Mit der Zur-Schau-Stellung erster banaler Gedanken zum Thema genügt er sich in Witzchen und Neckereien, die bar jedes tieferen Gehaltes sind.

Die schrill überzeichneten Kostüme von Andy Besuch bieten eine eigentlich schöne Vorlage, auf der aufgebaut werden könnte. 

Doch alle Sänger und die im Spiel einbezogenen Instrumentalisten können sich an diesem Abend nur eingeschränkt präsentieren. Zu gering sind die vokalen und spieltechnischen Aufgaben, die sie bewältigen müssen, obwohl fast alle den Eindruck machen, als können sie weitaus mehr gefordert und mit einem auf sie zu komponierten Stück gefördert werden.

Yuka Yanagihara zeigt einen klangvollen, lyrischen Sopran als Indianerin, ihr Gatte wird von Martin Gerke baritonal stimmstark und mit Autorität  intoniert. Lena Haselmann kann den ersten Song als attraktives, amerikanisches Rodeo- Girl mit lyrischem Mezzosopran stimmlich zwischen beiden Musik-Welten anlegen. Georg Bochow hat kaum Gelegenheit, seinen reizvollen Countertenor zu zeigen. Noch weniger wird der intensive Sopran von Gina May Walter und der schwere Bass von Enrico Wenzel vom Komponisten mit dankbaren Aufgaben betraut. Fast mehr liegt das Anliegen daran, die Instrumentalisten szenisch einzubinden. Ganze Szenen werden als Gefecht zwischen Gitarre und Tuba oder zwei Schlagzeugern geschrieben, leider auch sie vorhersehbar, nicht speziell genug, um Eindruck zu machen. Die drei Damen an Klarinette, Flöte und Violine bietenmehr eine szenische Kurzstudie als einen musikalischen Beitrag, und hemmungslos einen evangelikalen Prediger mimend gibt sich der Cellist seinen Gefühlen hin, hoffend, dadurch schauspielerisch Beachtung zu finden.

Ein hochsubventionierter Abend, der angeblich sogar auf DVD aufgezeichnet werden soll in den kommenden Vorstellungen. 

Es bleibt ein schaler Eindruck, dass viel musikalische Kompetenz der einzelnen Mitwirkenden einen unzureichendes Werk nicht retten können, wenn es obendrein auch szenisch derart an die Wand gefahren wird.

Einen Superlativ gibt es ohne Zweifel:

Aber welche Oper kann behaupten, gleich drei Dirigenten für sich zu beanspruchen. Selbst Zimmermanns „Die Soldaten“ oder Eötvös „Tri sestri“ kommen mit zweien aus.

Den handverlesenen Gästen und Freunden der Truppe scheint es teils zu gefallen, teils sieht man in ähnlich leere Gesichter wie in die mancher Mitwirkender, die allesamt den ganze Spieldauer über auf der diffusen Bühne von Martin Miotk präsent sein sollten und diesen nicht vorhandenen Spannungsbogen nicht zu halten vermögen. Wer will es ihnen verdenken?

Christian Konz

 

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