Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BERLIN / Neue Nationalgalerie: DSO-Kammerkonzert „NOTTURNO“

08.11.2014 | Konzert/Liederabende

Berlin/ Neue Nationalgalerie: DSO-Kammerkonzert „NOTTURNO“, 7.11.2014

Berlin ist eine Nachtschwärmerstadt. Schon seit 1997 gibt es zweimal jährlich die Lange Nacht der Museen, und auch die Lange Nacht der Wissenschaften hat seit Jahren Tradition.

Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) hat diesen Trend aufgegriffen und geht zusammen mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit der „Notturno“-Kammerkonzertreihe seit 2010 neue Wege. Die Kombination aus hochwertiger Kammermusik und Führungen zu nächtlicher Stunde in den Häusern der Staatlichen Museen erfreut sich großer Beliebtheit. Die Konzerte sind regelmäßig ausverkauft.

So ist es auch am 7. November, dem Beginn der 5. Saison der Notturno-Reihe in der Neuen Nationalgalerie, die die Kunst der Moderne beherbergt. Der Museumsbau ist ein besonderer Anlass zum Kommen, wird doch dieses Highlight der Moderne, geschaffen 1968 durch Mies van der Rohe, am 31.12.2014 zwecks Sanierung für rund 3 Jahre geschlossen. Die Arbeiten übernimmt der britische Stararchitekt David Chipperfield, der sich 2008 mit der überzeugenden Rekonstruktion des Neuen Museums einen Namen gemacht und die veranschlagte Bausumme sogar unterschritten hat!

Vor Beginn seiner Tätigkeit in und an der Neuen Nationalgalerie stellt er eine eigene Ausstellung mit dem Titel „Sticks and Stones“ in die offene Glashalle: 144 entrindete Fichten vom Boden bis zur Decke. Die jedoch – eine freitragende Stahlkonstruktion und 1968 eine sensationelle Neuerung – braucht keine Abstützung. Chipperfield sieht seine Schau vielmehr als Prolog der bevorstehenden Sanierung.

In solch einem einmaligen Umfeld erhält dieses Notturno ein ganz besonderes Flair. Es wird zum Konzert im Wald nahe dem Potsdamer Platz, wo seit der Wende das Leben tobt und der Verkehr braust. Doch kein Lärm dringt durch die Glasfront. Nach dem Gang durch zwei Ausstellungen können sich Menschen jeden Alters ab 22 Uhr voll auf die drei jungen Musiker vom Kammermusikensemble des DSO – Sara Minemoto (Violoncello), Gajane Saakjana (Klavier) und Richard Obermayer (Klarinette) – konzentrieren.

Den Anfang macht Sara Minemoto mit „Ricercar Nr. 7 d-Moll“, einem Cello-Solostück von Domenico Gabrielli. Diese Musik von 1689 verwebt sich wunderbar mit dem „Waldesumfeld“ und wird von der jungen Japanerin mit schönem Ausdruck gespielt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Japanern/Innen drückt sich die Musik mit all’ ihren Schattierungen auch in ihrem Gesicht aus, was sich halbrund um die Interpreten sitzend sehr gut erkennen lässt. Die 30-Jährige wirkt auch wie die treibende Kraft beim folgenden, sehr modernen Stück: „Fünf Bilder nach Marc Chagall‹ (1987)“, zu denen sich der Komponist Joseph Dorfman von Gemälden des Künstlers inspirieren ließ. Die 5 Sätze mit den Themen Vögel in der Nacht, Winter, Einsamkeit, die fliegende Schlitten und nächtlicher Karneval sind identifizierbar, lassen doch die drei Musiker mit Verve diese Bilder entstehen.

Diese zeitgenössische Komposition passt akustisch bestens in Mies van der Rohes Juwel der Moderne. Dagegen wirkt das akkordreiche „Trio a-Moll für Klarinette, Violoncello und Klavier“ op. 114 (1891) von Johannes Brahms in diesem strengen Raum fast zu füllig. Selbstverständlich legen sich die Drei auch dabei erkennbar ins Zeug und musizieren mit Schwung und Wohlklang. Kräftiger Applaus ist schließlich der verdiente Lohn.

Weitere Termine zu nächtlicher Stunde bieten Musikerinnen und Musiker des DSO am 15.01. 2015 im Neuen Museum und am 24.04.2015 im Museum Europäischer Kulturen.

Ursula Wiegand

 

 

Diese Seite drucken