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BERLIN/ Komische Oper: „MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL“ von Paul Abraham, konzertant

31.12.2017 | Operette/Musical

Märchen im Grand-Hotel mit Sarah Bowden (Marylou), Foto Robert-Recker.de
Sarah Bowden, Johannes Dunz, Talya Liebermann, Philipp Meierhöfer. Copyright: Robert-Recker.de

Berlin/ Komische Oper: „MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL“ von Paul Abraham, konzertant, Zweitvorstellung am 30.12.2017

Märchen sind ein eigen Ding. Manche sind lustig, manche grausam. Was aber der Komponist Paul Abraham (1892-1960) sowie seine Librettisten Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda als „Märchen im Grand-Hotel“ erfunden haben, entpuppt sich in dieser 90minütigen Fassung eher als frivol gemeinte Nummern-Revue mit dem üblichen Herz-Schmerz-Anteil.

Die Operette, die 1934 im Theater an der Wien uraufgeführt wurde, ist der diesjährige Silvesterhit der Komischen Oper. Seit Barrie Kosky das Haus leitet, wird vor dem Jahreswechsel eine solche zweimal konzertant präsentiert. Zur Freude des Publikums und als Wiedergutmachung für jüdischen Komponisten, die – wie Abraham – vor den Nazis fliehen mussten. Kosky selbst hat für die szenische Einrichtung gesorgt, Katrin Kath für die passenden Kostüme.

Auch das auf der Bühne sitzende Orchester des Hauses tut alles, um Abrahams leicht angejazzte Musik unter der Leitung von Adam Benzwi aufzufrischen. Der dirigiert am Flügel sitzend, springt aber immer wieder auf, um die Instrumentalisten anzufeuern. Sie alle verleihen der Musik den nötigen Drive. Tonschön karikiert das Lindenquintett Berlin die kuriose Handlung, die vornehmlich im Grand-Hotel Palace abläuft. Abraham kannte sich damit aus, lebte er doch größtenteils in solchen Nobelherbergen, mitunter auch über seine finanziellen Verhältnisse.

Musikalisch ist alles dran, alles drin. Tango, Walzer, Quickstep, Foxtrott und Charleston gehen in die Beine, vor allem in die flinken von Sarah Bowden, der Australierin in Berlin in der Rolle der Marylou. Die ist ein Temperamentsbündel und kann sogar prima steppen, was sogleich bejubelt wird. Die hat auch (mit Mikroport wie alle anderen) die passende Musical-Stimme und eine wirbelnde Bühnenpräsenz. Vor allem hat sie wie die anderen die unbedingt nötige Ironie. Die Augen zwinkernde, oft totale Übertreibung, die alle anwenden, macht diese dünne Story aus dem vorigen Jahrhundert zum Spaß fürs heutige amüsierlustige Silvesterpublikum.

Märchen im Grand-Hotel mit Max Hopp (Kellner) und Sarah Bowden (Marylou), Foto Robert-Recker.de
Max Hoppe, Sarah Bowden. Copyright: Robert-Recker.de

Das so genannte Märchen spielt teils in Hollywood und teils im Grand-Hotel Palace in Cannes an der Côte d’Azur. Als Conférencier erklärt der bewährte Max Hopp mit ebenfalls ironischem Abstandwas so läuft. Zunächst sind wir in Hollywood, wo der Filmemacher Sam Makintosh – Philipp Meierhöfer mit gutem Bariton und überraschend flotter Sohle unbedingt einen Blockbuster braucht, was „Pikantes, nicht allzu Riskantes“. Der ist kein Harvey Weinstein, für ihn holt seine Tochter Marylou auf ihren eigenen Wunsch die Kastanien aus dem Feuer und reist in genau das Grand-Hotel, wo die abgesetzte spanische Königsfamilie seit einiger Zeit residiert. Dort will sie fündig werden.

Und dort agiert Max Hopp nun als Zimmerkellner Albert, der sich total in die spanische Infantin Isabella (Talya Lieberman) verliebt hat. Unerkannt legt er ihr „eine Rose und ein liebendes Herz“ zu Füßen. Sie ist ja bereits mit Prinz Andreas Stephan verlobt, einem jungen Mann, der laut Max Hopp „keinen Arsch in der Hose“ hat.

Johannes Dunz, ein Berliner, ist wirklich ein schlanker junger Mann, aber mit einem kraftvollen, angenehmen Tenor. Einer, der vom Kampfpilot in Ausbildung erfolgreich zum Gesang wechselte, schauspielern kann und seit wenigen Jahren eine Blitzkarriere hinlegt. Den macht Marylou so richtig munter, der tanzt bald mit ihr übers Parkett und trainiert so bereits für Hollywood.

Selbst die den Filmjob zunächst total ablehnende Infantin wechselt schließlich über den Großen Teich, wo das dringend benötigte Geld lockt, hat sich doch ihre von einem Vorfahren geerbte, angeblich kostbare Kette als wertloses Duplikat erwiesen. Der Aufstieg zum Filmstar lockt sie ebenfalls mehr als ihre Liebe zu Alfred, obwohl der sich als Sohn des Hoteliers zu erkennen gegeben hat.

Erst als der von einem Pleite gegangenen serbischen Adligen adoptiert wird, fließt das nötige blaue Blut angeblich durch Alberts Adern, und die Infantin sagt „Ja“. Talya Lieberman, noch im Opernstudio, aber bereits vielfach eingesetzt, klettert so an der Komischen Oper dank ihres schönen Soprans vermutlich weiter die Karriereleiter empor.  

Den Komikerpreis gewinnt jedoch Tom Erik Lie in der Doppelrolle als Hotelbesitzer und Gräfin Inez Pepita de Ramirez. Schon als er/sie, als Granddame gekleidet, die Bühne betritt, steigt das Stimmungsbarometer. Wenn sie elegant mit der Hand winkt, juchzt das Publikum, noch mehr, wenn er seinen Bariton aus dem Falsett in die originale Tiefe absacken lässt.

Zuletzt kräftiger Beifall. Alle haben sich offenbar bon amüsiert.

Ursula Wiegand

 

 

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