Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BERLIN/ Komische Oper: EINE FRAU, DIE WEISS, WAS SIE WILL von Oscar Straus. Premiere

31.01.2015 | KRITIKEN, Operette/Musical

Berlin/Komische Oper: „EINE FRAU, DIE WEISS, WAS SIE WILL!“ von Oscar Straus, 30.01.21015

Dagmar Manzel und Max Hopp, Foto Iko Freese
Dagmar Manzel und Max Hopp, Foto Iko Freese/drama-berlin.de 

 Riesenjubel und „standing ovations“ in der Komischen Oper nach dieser Premiere. Intendant Jürgen Flimm von der Staatsoper im Schillertheater konnte sich mit eigenen Ohren davon überzeugen. Dietmar Schwarz von der Deutschen Oper Berlin habe ich, recht spät kommend, diesmal nicht erblickt. Der kommt eigentlich immer zu den Premieren dieses Hauses.

 Und die gelingen fast ausnahmslos. Das Ticket kann man/frau sozusagen blind buchen und wird sich darüber sehr selten ärgern. Denn Chef Barrie Kosky hat das nötige Fingerspitzengefühl für Vergessenes, das eine Wiederentdeckung lohnt, und auch dafür, was dem verwöhnten Großstadtpublikum gefällt.

 „Eine Frau, die weiß, was sie will“ von Oscar Straus ist nun der neueste Hit, jedoch einer von feinerer Art. Er selbst führt Regie und macht diesmal vieles anders als bei „Ball im Savoy“, „Clivia“ oder „Die schöne Helena“. Also keine kesse Travestie-Show, keine anzüglichen Ballett-Einlagen, keine schrillen Kostüme und kein Chor.

 Diese ganz andere Operette hat er als Kammerspiel ohne Brimborium inszeniert und die 30 Rollen (!) nur zwei Personen anvertraut: Dem „winning team“ des „Weißen Rössl“, Dagmar Manzel und Max Hopp, die mit unglaublicher Geschwindigkeit – dank der unsichtbaren Helfer – von einem Kostüm ins andere, von Mann zu Frau und umgekehrt wechseln.

 Beide in Art und Können ein Superpaar, was Witz, Ironie und Darstellkunst bis zum Slapstick angeht. Die Manzel, die als bekannte Schauspielerin erst in späteren Jahren Gesangsunterricht genommen hat, ist zu einem veritablen Operetten- und Musical-Star geworden. Sie bringt ihre Songs mit Delikatesse, mal als eine wie Du und Ich, mal frivol und frech, doch nie vulgär. Die kann jeder französischen Chanson-Sängerin das Wasser reichen.

 Und ist außerdem selbst mit allen Wassern gewaschen und weiß wirklich, was sie will. Überlegen und mit feinsten Nuancen präsentiert sie den Titelsong und später ganz nonchalant das: „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben?“, was sie auch den Männern zugesteht.

 Oscar Straus ließ sein Stück 1932 am legendären Metropol-Theater, der heutigen Komischen Oper, mit Fritzi Massary in der Titelrolle aufführen. Nicht im walzerseligen Wien. Denn genau hier passte es hin, passt nun offensichtlich wieder und das trotz der etwas altmodischen Songs (Text Alfred Grünwald nach Louis Verneuil). Den nötigen Pfeffer verleiht ihnen das famose Orchester der Komischen Oper, angefeuert von dem jungen Dirigenten Adam Benzwi. Für die musikalisch-szenische Einrichtung haben drei gemeinsam gesorgt: Adam Benzwi, Pavel B. Jiracek und Barrie Kosky.

 Der erste Auftritt von Manzel und Hopp erfolgt varieteegerecht in Frack und Zylinder. Sie chaplinesk mit Stock und Bärtchen als Raoul Severac, der jeden Abend im Theater die berühmte Manon Cavallini anhimmelt und sie mit Blumen und Geschenken überhäuft.

Schwupp erscheint die Manzel in eleganter paillettenbesetzter Robe als eine, die den galanten Verehrer gerne heiraten möchte. Bald danach trägt sie als ihr eigener Vater Léon Paillard einen Rauschebart plus Zigarre.

 Der deutlich größere Max Hopp schlüpft in die Rolle der Lucy Paillard, der geheim gehaltenen Tochter der Cavallini, ein wahres Riesenbaby mit Blondperücke und pinkfarbenem Flatteroutfit (Kostüme: Katrin Kath). Die hat keine Ahnung, dass die Berühmte ihre Mutter ist, schleicht sich in die Garderobe und bittet sie, auf Raoul Severac zu ihren Gunsten zu verzichten. Was die Cavallini auch selbstlos tut.

Max Hoppe, ebenfalls prima bei Stimme, reüssiert hier in insgesamt 24 größeren und kleineren Partien, stolpert als bebrillter Intendant mit einem Stoß Textbücher umher und wechselt beim Gala-Dinner der Cavallini sekundenschnell in all’ ihre mit Sträußen anrückenden Gäste (der Banker mit dem allerkleinsten).

 Schließlich der Clou: Dagmar Manzel und Max Hopp sind auf der einen Körperseite Seite eine Frau, auf der anderen ein Mann, bei jeder Drehung die/der andere. Die Manzel agiert als Diva und Raoul Severac, Hopp als Tochter Lucy Paillard und Tenniscrack, den sich Lucy als Hausfreund auserkoren hat, um sich an ihrem angeblich untreuen Ehemann zu rächen.

 Verwirrende Verhältnisse? Warum nicht, das erhöht ja den Spaß. Auf der Bühne entwirrt sich letztendlich alles und zur Zufriedenheit aller. Die Cavallini gibt sich der Lucys als Mutter zu erkennen. Beide herzen und küssen sich, was bei dem Größenunterschied lustig, aber auch berührend wirkt. Ende gut, alles gut. Ein neuer Volltreffer, vehement bejubelt, wie schon anfangs erwähnt.

Ursula Wiegand

 Weitere Termine: 5. und 8. Februar und 8. März. Siehe unter www.komische-oper-berlin.de/spielplan

 

 

Diese Seite drucken