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BERLIN/ Deutsche Oper: TOSCA

22.01.2012 | KRITIKEN, Oper

BERLIN/ Deutsche Oper: TOSCA –  „Non lucevan le stelle“. Finaler Buhorkan für Klaus Florian Vogt

Es kam, wie es kommen mußte in der „Tosca“ am 21.1., als Klaus Florian Vogt seinen nach Dresden zweiten Cavaradossi sang und mit seinem Solovorhang einen Buhorkan heraufbeschwor. Das Berliner Publikum, das in dieser Produktion Domingo, Aragall, Pavarotti, Carreras und viele andere gute Sänger erlebt hat, konnte sich mit diesem Tenor in dieser Partie nicht anfreunden, obwohl auffallend viele Damen mit auffallend wenig Kenntnis von Oper im Allgemeinen und „Tosca“ im Besonderen im Saal saßen.

So zeigten die Reaktionen auf die Übertitel  Überraschungseffekte, die man sonst noch nicht erlebt hatte. Der Verkauf der Vogt-CD, die sich in mehreren Stapeln im Foyer anbot, dürfte darunter allerdings nicht gelitten haben. Der erste Prüfstein für den Tenor ist „Recondita armonia“, die mit für eine Puccini-Oper zu heller und flach geführter Stimme besungen wurde, außerdem störte schon hier die recht kurzschrittige Phrasierung, so wie auch weiter im Verlauf des Abends, wenn für eine Phrase, die man als in einem Atemzug gesungen in Erinnerung hatte, dreimal Luft geholt wurde. Als ganz und gar nicht perfekt erwies sich zudem das Italienisch des Tenors, ein geschriebenes „h“ ist im Italienischen absolut stimmlos.

Während des gesamten Abends wurde man den Eindruck nicht los, eine ganz und gar unitalienische Stimme zu hören, die sogar im Vergleich mit dem letzten Comprimario über zu wenig Körper, ja eine ganze Dimension weniger verfügte- abgesehen von einigen strahlenden Spitzentönen. Auch darstellerisch konnte Vogt nicht überzeugen, war zunächst zu sehr mit seinen Haaren beschäftigt und machte im ersten Akt nicht den Eindruck eines zwar durch Angelotti abgelenkten, aber doch feurigen Liebhabers, sondern eher eines Knaben, der seine zürnende Mutter versöhnen möchte. Es fehlte jedwede Emphase, so dass sogar die Kontraste zwischen träumerischer Erinnerung und verzweifeltem Sichaufbäumen  innerhalb von „E lucevan le stelle“ wie eingeebnet erschienen.

Ein neuer Scarpia stellte sich mit George Gagnidze vor, der einen imposanten Auftritt hatte, aber auch durch eine gepresst wirkende Emission der Stimme, einem Bariton mit bärbeißigem Timbre, irritierte. Im zweiten Akt wurde der Stimmfluß geschmeidiger und für die Brunnenvergifter in der Oper ist er durchaus ein Gewinn. Eine anmutige Tosca mit schöntimbriertem Sopran war Tatjana Serjan. Ihr „Vissi d’arte“ war von schmerzlicher Süße, die Stimme entfaltete sich in der Höhe zu schönem Blühen, nur im dritten Akt schien sie etwas nachzulassen.

Wenig sängerfreundlich verhielt sich im Orchestergraben Matthias Foremny, der durchgehend sehr laut und stellenweise zu langsam war. Nach der 350. Aufführung der Barlog-Inszenierung ist man um eine Erfahrung reicher, die einen nicht nach einer Wiederholung verlangen lässt.
Ingrid Wanja/ www.deropernfreund.de

 

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