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BERLIN/ Deutsche Oper: LOHENGRIN

14.05.2016 | Oper

Berlin/DOB: LOHENGRIN am 8. Mai 2016

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Klaus Florian Vogt, Ricarda Merbeth. Copyright: Markus Lieberenz

Der dänische Regisseur Kasper Holten ist im Wagner-Fach zunächst durch einen gelungenen „Ring des Nibelungen“ in Kopenhagen bekannt geworden und hat sich dann, im Jahre 2012, an der Deutschen Oper Berlin mit einer ganz neuen Sicht auf den „Lohengrin“ beschäftigt. Da der Rezensent über die Premiere am 15. April 2012 bereits detailliert im Neuen Merker und auch auf http://www.klaus-billand.com/files/2012-berlin-lohengrin.pdf berichtet hat, soll hier nur noch einmal kurz auf das Regiekonzept Holtens, seines Bühnen- und Kostümbildners Steffen Aarfing und des Lichtdesigners Jesper Kongshaug eingegangen werden.

Das Regieteam zeigt die vermeintliche Unausweichlichkeit und dann folgende Unerbittlichkeit des Krieges auf eindrucksvolle Weise. Schon während des Vorspiels sehen wir eine Schlachtfeld gefallener Soldaten, in dem einige Frauen Überlebende suchen und nur noch einen leisen Seufzer ausstoßen können, wenn der Liebste tot aufgefunden wird. Die Kriegsbegeisterung – Holten zieht das Stück also quasi von hinten auf – der Brabanter ist sodann bei des Königs Aufruf zu erleben, ein blinde Begeisterung macht sich hier in dem starken, von William Spaulding geleiteten Chor der Deutschen Oper Berlin und ihres Extra-Chores breit. In dieser Düsternis kommt Lohengrin in hellstem Schein wie ein Phoenix aus der Asche auf die Bühne, nachdem er routinemäßig seine weißen Flügel aufgesetzt hat. Denn nun kommt das Neue: Holten zeigt den Schwanenritter nicht als den wohlmeinenden und am Sieg des Guten interessierten Gralsritter aus Monsalvat, sondern als knallharten Salonpolitiker, der selbst an der Macht in Brabant interessiert ist und zu diesem Zweck die Massen zu manipulieren versteht. Dabei gelingt es ihm, sich unter Rückversicherung bei König Heinrich, der offenbar zunächst mit von der Partie in der wohl auch seinen Machtinteressen entgegen kommenden Manipulation seines Volkes ist, sich mit den medialen Gesten und bildmächtigen Wirkungen heutiger Polit-Medien-„Künstler“ à la weiland Berlusconi als politische Alternative anzubieten. Nur Elsa wird im Laufe des Stücks diese wahre Absicht Lohengrins klar. Sie ist damit die einzige Aufgeklärte in diesem Sumpf von Selbstgefälligkeit, Machtgelüsten und demokratiefeindlichen Machenschaften der sogenannten Elite. Am Ende schafft es Lohengrin so weit, dass die Brabanter ihn anflehen zu bleiben, um in der ungelösten Situation der Regierungsnachfolge – zuvor ließ er den toten Gottfried herein tragen – Halt zu geben und am besten zu bleiben. Das ist genau, was Lohengrin wollte, und nun schaut auch König Heinrich dumm drein. Mit erhobener Hand Lohengrins zum finalen Akkord wird die neue Richtung, in die Brabant nun gehen wird, eindrucksvoll klar… Das alles hatte freilich mit Richard Wagner nur begrenzt etwas zu tun.

An diesem Abend war eine von der Premiere stark abweichende erstklassige Besetzung zu erleben. Klaus Florian Vogt, schon seit langem der wohl beste und auch darstellerisch intensivste Rollenvertreter, nicht zuletzt durch seine Erfahrungen mit Hans Neuenfels in Bayreuth, war auch an diesem Abend wieder der Lohengrin. Sein im Timbre immer noch an den Tamino erinnernder Tenor, wobei das Astrale in seiner Stimme aber gerade gut zur A-Dur Klang-Ästhetik des Lohengrin passt, ist in der Tiefe breiter und dramatischer geworden. Das macht Vogt derzeit wohl zum besten Lohengrin dieser Tage. Darstellerisch ist die Rolle in dieser Produktion eher verhalten angelegt. Was Vogt auf diesem Gebiet kann, hat er aber hinreichend in Bayreuth bewiesen. Ihm ebenbürtig auf dem Gebiet der Ortrud war Anna Smirnova mit einer beeindruckenden und keine noch so dramatische Höhe scheuenden Mezzo-Röhre – eine Ortrud, die auch schauspielerisch alle Register überzeugend ziehen kann. Günther Groissböck konnte einmal mehr mit seinem edlen und äußerst klangvollen Bass in der Rolle des König Heinrich begeistern. Zudem ist er ein auf feine Details bedachter und begnadeter Darsteller. Manuela Uhl als feinfühlige und – durchaus rollenkonform – zerbrechlich wirkende Elsa konnte sich nach einem etwas verhaltenen Beginn im 2. Akt und vor allem in der großen Brautgemachszene des dritten zu einer guten Leistung steigern. Auch sie konnte das Rollenbild der als einzige das Spiel Lohengrins durchschauende Protagonistin überzeugend realisieren. Simon Neal gab einen in diesem Starensemble etwas unscheinbaren Telramund, überzeugte aber mit seinem gut geführten Heldenbariton. Bastiaan Everink sang einen stimmstarken, aber noch nicht wirklich klangvollen Heerrufer.

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Finalbild, 3. Akt. Foto: Markus Lieberenz

Großer Applaus des nicht ganz ausverkauften Hauses insbesondere für Klaus Florian Vogt und Anna Smirnova, sowie für Axel Kober, der das Orchester der Deutschen Oper Berlin mit seiner großen Wagner- und Strauss-Erfahrung und also kompetenter Hand führte. Er traf dabei bekanntlich auf ein Orchester, das ebenfalls mit diesen beiden Komponisten Sternstunden feierte.                                                                                  

(Fotos in der Bildergalerie)

Klaus Billand

 

 

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