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BERLIN / Deutsche Oper: DON CARLO im Rahmen der Verdi Tage

Festspielwürdige Traumbesetzung

19.05.2018 | Oper


Copyright: Barbara Aumüller

BERLIN / Deutsche Oper: DON CARLO im Rahmen der Verdi Tage 2018, 18.5.2018

Festspielwürdige Traumbesetzung mit Anja Harteros, Elena Zhidkova, Etienne Dupuis und Ildebrando d‘Arcangelo

Was die Deutsche Oper Berlin während der Verdi-Tag 2018 auf die Beine stellt, ist beachtlich und fordert Respekt. Innerhalb kurzer Zeit werden La Traviata, Rigoletto, Un ballo in maschera, Il Trovatore, Nabucco, Don Carlo und am Freitag, dem 25.5. noch ein Verdi-Sonderkonzert mit Angela Gheorghiu und Saimir Pirgu gespielt.

Die erste Aufführung von Don Carlo zeigte exemplarisch viel Licht und auch manch Schattenseite des Repertoiresystems auf. In Bezug auf die Inszenierung bedeutete das, das Haus hat dem Regisseur Marco Arturo Marelli offiziell für sein Einverständnis gedankt, die Inszenierung den aktuellen technischen Gegebenheiten anzupassen. Was das Orchester betrifft, so merkte der Hörer deutlich, dass da nicht allzu viel geprobt wurde. Das Einverständnis zwischen Orchestergraben und Bühne wackelte manchmal beträchtlich. Donald Runnicles konnte diesmal das ansonsten so prächtige Orchester nicht zu Feinzeichnung und delikatem Klang animieren. Ein Konzept war da auch nicht auszumachen. Zu derb und krachend, bisweilen schleppend und bleiern ging die Sache voran.

Dafür war die Sängerbesetzung vom Allerfeinsten und wahrlich jedes Festspielhauses von Salzburg bis Baden Baden würdig. Yosep Kang (von 2003 bis 2013 Ensemblemitglied des Hauses) sang einen erstklassigen Carlo. Er verfügt über einen echten Spinto Tenor mit breit geführter, bronzener Mittellage und sicherer Höhe. Sein Tenor ist gut fokussiert und vermag in lyrischen Passagen ebenso zu überzeugen wie in den exponierten Akuti. Kang ist ein Künstler von exzellenter Musikalität, stilistisch perfekter Linienführung und hoher Vortragskultur.

Seine Elisabeth von Valois ist mit Anja Harteros wahrlich luxuriös besetzt. Zwar braucht die Diva etwas Zeit zum Warmlaufen, was sie aber dann an Zauberfarben aus ihrer stimmlichen Schatztruhe zaubert, ist ein Ereignis der Sonderklasse. Ich finde, die Elisabeth passt besonders gut zu Stimme und der ohnedies stets königlichen Fraulichkeit der Anja Harteros. Dennoch darf angemerkt werden, dass sich ein kleiner Bruch im Passagio von Bruststimme zur voix mixte bemerkbar macht und die tiefen Lagen wenig Resonanz besitzen.

Das kann man von Etienne Dupuis in der Rolle des Marquis von Posa nicht sagen. Er ist stimmlich und von der Gestaltung her ein idealer Rodrigo. Der kanadische Sänger, dessen internationale Karriere demnächst mit Debüts an der Covent Garden, der Met, der Bayerischen Staatsoper so richtig durchstarten wird, verwöhnt die Ohren mit einem Kavaliersbariton von Gnaden. Auf eine dunkle, satte Tiefe setzt eine breit und männlich-samtig strömende Mittellage auf. In der Höhe scheint der Sänger ebenfalls keine Limits zu kennen. Da darf man schon auf weitere Verdi Rollen gespannt sein.

Nur Gutes ist auch von der Eboli der Elena Zidhkova zu berichten. Diese großartige russische Mezzosopranistin spielt sich mit der enorm schwierigen Partie der Eboli. Von Stimmfarbe und der Tessitura her ist sie ein Mezzo, aber mit einer stupenden Sopranhöhe ausgestattet, die es ihr erlaubt, auch die höchsten Töne noch von oben her anzusetzen. Ein großes dramatisches Talent und schauspielerische Präsenz geben ihrer Bühnenerscheinung hohe Kontur. Ein unverwechselbares Timbre und eine bruchlos geführte Stimme mit der richtigen Portion Goldklang darin prädestiniert sie zu einem breiten Repertoire. Im Herbst wird sie an der Deutschen Oper Berlin die Marie in Wozzeck in einer Neuinszenierung von Ole Anders Tandberg (Premiere 5.10) sein.

Philipp II ist mit dem feschen Italiener Ildebrando d‘Arcangelo ebenfalls herausragend besetzt. Schön, in dieser Rolle einen Sänger in den besten Jahren und keinen alternden Mann zu erleben. Sein schlanker sämiger Bass vermag sowohl die Autorität des unerbittlichen Regenten als auch die erschütternde Gebrochenheit eines einsamen Ungeliebten zu vermitteln.

Der steinerne Großinquisitor war bei Matthew Rose gut aufgehoben. Besonderes Lob gebührt dem markanten Tebaldo von Alexandra Hutton und der ätherischen Stimme von oben der Siobhan Stagg. Marko Mimica gab einen schönstimmigen Mönch.

Gespielt wurde in der Inszenierung des Marco Arturo Marelli aus dem Jahr 2011. Ganz in grau-schwarz gehalten, symbolisieren gewaltige, verschiebbare Quader die Strenge des El Escorial. Das Lichtkreuz im Zentrum der Bühne ergänzt ein im übrigen neutrales, requisitenloses Setting, das es ganz den Sängern überlässt, ihre Gestalten mit Leben und Sinn zu erfüllen. Was allen auf der Bühne mit Eindringlichkeit gelingt. Trotz der orchestralen Einschränkungen war der Abend damit dann doch ein Repertoirewunder, wie man es bisweilen auch in Wien erleben kann.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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