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BERLIN/ Deutsche Oper: DAS WUNDER DER HELIANE

31.03.2018 | Oper

Deutsche Oper Berlin: „Das Wunder der Heliane“ am 29.3.2018

Das Wunder der Heliane ist insofern eine Ausnahmeoper, da sie eine Totenerweckung zum Gegenstand hat, was sonst in diesem Genre eher nicht vorkommt, man könnte deshalb auch von einem Mysterienspiel reden. Als Vorlage nahm E.W.Korngold „Die Heilige“ von H.Kaltneker, und spielte sie an der Hamburger Oper erst mit großem Erfolg. Auch bei den zahlreichen Nach-Produktionen.1933 fanden diese Aufführungen ein abruptes Ende und werden heute nur vereinzelt  wieder aufgenommen. Eine Art Jesus-Figur, der Fremde, kommt in eine Haupstadt und wird, weil er von Liebe und Freude predigt, verhaftet und vom Herrscher zum Tode verurteilt. Dessen Gemahlin, Heliane, besucht ihn und zeigt sich ihm auf Wunsch nackt, um seinen schweren Weg zu erleichtern. Später sieht sie auch der Herrscher nackt, nachdem sie, um einem Liebesakt mit dem Fremden zu entgehen, aus einer Seitenkapelle zurückkommt. Der Herrscher ruft ein Schnellgericht zusammen, um seine Gattin zum Tode zu verurteilen. Der blinde Scharfrichter setzt aber ein letztes Treffen zwischen  Heliane und dem Fremden durch. Es kommt dabei zu einem Kuß zwischen den beiden, danach erdolcht sich der Fremde. Der Herrscher ringt sich dazu durch, Heliane am Leben zu lassern, unter der Bedingung, dass sie den Fremden von den Toten erweckt, um deren Geheimnis zu ergründen. Als das zuerst nicht klappt, will sie der Chor auf den Scheiterhaufen bringen. Eine Botin, frühere Geliebte des Herrschers, positioniert sich auch gegen Heliane. Als sich der Tote doch erhebt, streckt der Herrscher Heliane mit einem Messer nieder. Der Fremde verbannt den Herrscher, begnadigt die Botin und entläßt das Volk mit der Aussicht auf ein Reich der Freude und der Freiheit.  

Korngold komponiert dazu eine atemberaubend unter die Haut gehende, z.T. wolllüstige Musik, die aber eigentlich nie ins Kitschige abgleitet, wie es ihm im Gegensatz zur ‚Toten Stadt‘ vorgeworfen wird. Dabei entfaltet sich auch eine immense Kunstsinnigkeit, besonders wenn im 2.und 3.Akt die Volks-Chöre mit einbezogen werden. Er spielt dabei virtuos mit dem Orchesterapparat, wenn seiner Musik vielleicht das wolllüstig Gleißende eines Schreker in den ‚Gezeichneten‘ abgeht. Dirigent Marc Albrecht macht sich speziell für diesen Korngold stark und verlangt dem Orchester der DOB alles ab, dabei fast ins ‚Größenwahnsinnige‘ mündend. Dabei werden auch die leiseren Stellen, bei den Richtern und dem Blinden oder  bei der schillernden Botin gut herausgespielt. Jeremy Bines hat die die intrikaten schwierigen Chöre bestens erarbeitet und wird mit ihnen zurecht gefeiert.

Christof Loy versucht seine Regie so so sachlich wie möglich zu halten und nicht in klamaukartige Theatralik ausarten zu lassen. Johannes Leiacker hat ihm dazu einen braun grundierten Gerichtssaal als einheitliches Bild gebaut mit zentralem Tisch für die Papiere der Gerichtverhandlung und für die Auferstehung. Heliane ist nach der Entkleidung ihrer hinreißend großen weißen Robe (Barbara Dorosihn) nur aus der Entfernung als nackter Schemen zu sehen. Später sind alle in schwarz-weiß und heutig gekleidet. Die Wärter/Gerichsdiener und die Richter bewegen sich in plausiblen Wechselgängen, und auch beim Chor scheinen sich  die Einzelnen nach einer ausgetüftelten Regie als Masse zu bewegen.

Zwei seraphische Stimmen sind Sandra Hamaoui und Meechot Marrero als StipendiatInnen. Die sechs Richter passen  auch vokal gut zueinander und werfen sich die Bälle gesanglich zu. Der junge Mann, der in Heliane verliebt scheint, ist tenoral Andrew Dickinson. Burkhard Ulrich verleiht dem blinden Scharfrichter seinen schneidend charakterisierenden Tenor. Einen guten Baßbariton-Pförtner stellt Derek Welton. Die Botin ist mit ihrem guttimbriertem teils voluminösen, nicht zu dunklem Mezzo Okka von der Damerau.

Der nicht gehörnte, aber von Heliane nicht ‚erkannte‘ Herrscher erscheint auch sehr gut bewegt: der österreichische Baßbariton Josef Wagner gestaltet mit seiner fast schwarzen expressiven Stimme stark diesen gewalttätigen Menschen, dabei jung und gutaussehend.

Brian Jagde kann mit einem ganz schlanken sauber durchgebildeten Tenor und schöner Stimme als Fremder reussieren. In den extremen Höhen hat er keine Schwierigkeit, die Stimme geht herrlich auf.  Auch er setzt nicht auf ‚Heiligen‘-Nimbus.

 Sara Jakubiak erscheint eine gute Besetzung für die Titelfigur, die dem Fremden in Anlehnung an Melisande ihr bondes Haar zum Kosen läßt. Sie spielt mit großer Natürlichkeit. Dabei steht ihr auch ein immer angenehm klingender kräftiger Sopran bereit, den sie bei kaum hörbaren Registerwechseln in der Höhe schön zum Leuchten bringt. Vielleicht ist sie noch keine voll Dramatische, was aber bei höchst dramatischen Stellen sicherlich verlangt ist.                                      

Friedeon Rosén 

 

 

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