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BAYREUTH/ Festspiele: TRISTAN UND ISOLDE

15.08.2018 | Allgemein, Oper


Stephen Gould, Petra Lang. Copyright: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Bayreuth/Festspiele:  TRISTAN UND ISOLDE – 13.8.2018

Nun in die Jahre gekommen, war ‚Tristan‘ in der Inszenierung Katharina Wagners nicht der große Wurf. Zu dunkel, zu minimalistisch, das scheint auch der Publikumstenor zu sein. Und so hat K. Wagner auch immer wieder kleine Veränderungen, vor allem in der Personenführung des 1.Aktes vorgenommen. Konzeptionell ändert sie nichts, besonders an der Interpretation des Epos, indem sie auf ältere vorwagnerische Quellen zurückgreift. König Marke verhält sich gegenüber Tristan nicht wie der ihn liebende Ohm, sondern geht nach der Aufdeckung seines Liebesverhältnis mit Isolde gewalttätig gegen ihn vor und versucht, sich Isolde gefügig zu machen. Im 2.Aufzug gewährt er beiden im Gefängnis, wo er Isolde hält, einen ‚Zusammenschluß‘.  Nachts kommt er mit Melot nochmal vorbei, und da die beiden seiner Ansicht über die Stränge schlagen, verletzt Melot Tristan mit seinem Messer im Nacken. Isolde werden die Haare geöffnet, und sie wird zu einer sexuellen Handlung mit Marke gezwungen. So weit, so ’schlecht‘, Tristan ist im 3.Akt aber wieder nahezu quietschlebendig, nur von Isolde getrennt, und hofft auf seiner Burg Careol (hier aber kein Bühnenbild!) auf die Ankunft Isoldes. Er stirbt dann unvermittelt, als diese gerade eintrifft. Aber es wird auch nichts mit Isoldes Liebestod, sie darf ihn mit Brangäne auf dem Katafalk beweinen, wird dann aber von Marke unbarmherzig weggezogen. Im 1.Akt hatten sie sich bereits als Liebespaar  wahrgenommen und sich in einem labyrinthisch vertikalen Bühnenbild auf Distanz ihre Liebe bekannt, um später den Liebestrank mit neu studierten Armbewegungen ‚musikkonform‘ nicht zu trinken sondern wegzuschütten. Im 2.Aufzug hat sich nichts geändert, es könnte höchstens neu sein, daß sich die beiden in ihrer Selbstmordabsicht auch Schlingen um den Hals legen.

Christian Thielemann verlangt dem Orchester alles ab, auch an Lautstärke,so daß Petra Lang in der Höhe manchmal zu forcieren gezwungen ist. Im 2.Akt wird die Liebesatmosphäre mit heimelig murmelnden Holbläsern und brillant gesetzten Hörnerfiguren optimal vorbereitet, bis das Orchester in den Liebesgesängen auch zu einer aber ganz luziden Ruhe gelangt. Nach aufwühlender Marke-Monolog-Begleitung, nach der dramatischen Zuspitzung im Careol-Akt “Tot denn nun alle“ verlieren  sich die Begleitungen klanglich in hochgedimmten Aufschwüngen in den Gefilden höchster Lust beim ‚Liebestod‘. 


Stephen Gould, Petra Lang. Copyright: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

Der Melot wird von Raimund Nolte mit präzis heller Stimme wie gestochen gesungen. Der Kurwenal Iain Paterson kann auf einen ausdrucksreichen gutstimmigen Baß-Bariton zurückgreifen, flüchtet sich aber öfter ohne Ursache ins Falsett. Christa Mayer zeigt sich im 1.Akt als nahezu ebenbürtige Partnerin der Isolde und führt einen kräftigen jungdramatischen (Mezzo)sopran ins Treffen, der auch in den Höhen auftrumpft. Ihre Wachtgesänge singt sie diesmal etwas abgetönter und in ruhigem Fluß. Georg Zeppenfeld kann scheint’s gut damit umgehen, daß er oft das Gegenteil von dem tut, was er singt. Stimmlich mit reichem Material ausgestattet, kann er einen klug aufgebauten Monolog zelebrieren. In dem mehr auf das Liebespaar bezogene Seelendrama taucht er auch, wenn ich richtig gesehen habe, erst im 2.Akt auf und  verhält sich sich dort eher ‚minimalistisch‘. Stimmlich  zelebriert er  mit dramatisch sonorem Baß einen klug aufgebauten Monolog.

Stephen Gould ist für Tristan natürlich eine Bank, aber es müßte schon ein Nachteil sein, wie ein Hausmann im Kreis der Seinen höchst furiose Gesänge zu gestalten, die ihn beim beim Nichtaufreißen der nicht vorhandenen Wunde zu Tode führen. Allein die braven Isolde-Visionen in Dreiecken mit zahlreichen Statistinnen können ihn ja nicht zu einem derart glutvollen Gesangsakrobatik animieren. Petra Lang kann stimmlich in ihrer höheren Mittellage mit luzidemTimbre ungemein berücken. Wie schon Vorgängerinnen wie Waltraud Meier hat sie Probleme mit den Spitzentönen, die selten gut eingebunden erscheinen. Deshalb ist auch ihr erster Aufzug nicht so gut wie ihr zweiter und letzter. Szenisch kommt sie in einem gut geschnittenen blauen Kleid und rötlichem Locken “liebreich“ zur Geltung.                                                          

Friedeon Rosén

 

 

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