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BAYREUTH/ Festspiele: DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG

12.08.2018 | Oper


Michael Volle, Johannes Martin Kränzle. Copyright: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Bayreuther Festspiele  DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG   12.8.2018

Aus der Regie Barrie Koskys geht eindeutig hervor, dass er das Paar Stolzing -Eva mit Wagner und Cosima der späten 1870er Jahre gleichsetzt, was in den Kostümen und mit der Besetzung Evas mit Emily Magee, von der Maske älter gemacht, als sie ist, zum Ausdruck kommt. Daneben ist aber auch das Verhältnis Sachs – Eva besonders hervorgehoben, Wagner kann Sachs oder auch Stolzing sein, nur als Stolzing kann er Eva aber heiraten. Die im letzten Jahr besonders gefeierte Neuinszenierung wirft schon ein paar Fragen auf und gibt Nüsse zu knacken. Besonders im 2.Akt wird wird teilweise so textunverständlich gesungen, dass es nach einer Übertitelung in Bayreuth ruft. Zum Glück kennen die Wagnerianer den Text so ziemlich auswendig.

Ein Paar Unstimmigkeiten bei der Wahnfried-Pantomime beim 1.Vorspiel wurden letztes Jahr schon angemerkt. Der erste Aufzug läuft wegen der Spielfreude der Meistersinger und Lehrbuben rasant-witzig ab, aber der David ist so auf alt getrimmt, dass er eher als Sachs‘ Bruder durchginge. Der 2. Aufzug scheint dagegen auch szenisch missraten mit einem Riesenhaufen umgefallener Stühle, als wenn sie alle vom cholerischen Sachs umgeworfen wären. Der Beckmesser spielt sich als flippiger Underdog gut aus, aber nach seinem Auftritt muss trotzdem dieser riesige Judenkopf erscheinen, der im Boden versinkt. Eher noch als witzig könnte man die kleinen Judenmännchen bezeichnen, die sich in das lange Pult reindrängeln. 

Der 3. Aufzug könnte zeigen, dass die Deutschen nach ’45 ihre Feste zwar feiern konnten, aber nur unter alliierter Bewachung. Am Ende ist es aber mit der 4-Mächte-Herrschaft vorbei, und Sachs kann ungehindert vom ewigen Bestehen der deutschen Kunst reden. Barrie Kosky weiß aber, dass im 19. Jahrhundert die Künste fast immer durch die nationale Brille gesehen wurden. 


Emily Magee. Copyright: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Unter Philippe Jordan hört man einen ungemein rasanten, energischen und glänzenden Verlauf dieser Musik wie ein Vulkan (obwohl Wagner hier ja noch nicht am Vesuv komponiert hat.) Der drahtige Schweizer war Barenboim-Assistent, und man merkt ihm auch seine Erfahrung mit Meyerbeers Grand Opera an. Die verschiedenartigen Chöre (Katharinenchor aus dem Off) sind alle gut wiedergegeben. Die Lehrbuben und -mädchen werden alle namentlich aufgeführt, obwohl sie als Ensemble gutstimmig klingen, für sie ist es ein gutes Trittbrett. Wiebke Lehmkuhl singt mit ihrem frischen farbigen Mezzo die Magdalene. Emily Magee reussiert dieses Jahr als Eva und kann mit etwas verinnerlichten ‚halblyrischen‘ Sopran kleine Akzente setzen. Leider singt sie aber ziemlich textunverständlich. Der David ist Daniel Behle und ähnelt dem Stolzing in allem, sozusagen ein „Ersatz-Stolzing“. Gesanglich kann Behle besonders den Meistersinger-Gesang tenoral pointiert vermitteln. Klaus Florian Vogt ist ein Phänomen, seine Stolzinge zählen sicher an die 30 im Festspielhaus. Im Parlando eher auf leicht veristischer „Gebrauchstimme“, kann kann er in den Liedern mit makellos rein leuchtenden Gesangsphrasen auftrumpfen. Die Meistersinger ergeben ein blitzsauber singendes szenisch umwerfendes Oktett. Als Kothner kann Daniel Schmutzhard Akzente setzen. Den Pogner gestaltet Günther Groissböck mit seinem edelsamtigen Baß. Beckmesser ist wieder Johannes Martin Kränzle mit angenehm timbrierten Bariton samt köstlicher Einlagen.


Wiebke Lehmkuhl, Daniel Behle, Michael Volle, Klaus Florian Vogt, Emily Magee. Copyright: Enrico Nawrath /Bayreuther Festspiele

Unschlagbar natürlich wieder Michael Volle, der wieder in großem Stil abräumt. Eine solche Souveränität des Sachs-Gesangs ist heute einmalig und schließt an große Vorgänger an. Bei gewaltigem Stimmumfang steht bei ihm in der Stimmgebung der Belcanto immer an erster Stelle.                                     

Friedeon Rosén

 

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