Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BASEL/Stadtcasino: NOBODY KNOWS

Basel: Stadtcasino – „Nobody Knows“13.11.2013

 Im Zentrum des vierteiligen Konzertabends des Sinfonierorchesters Basel (SOB) stehen heuer die Trompeten und Pauken. Aber nicht nur die „Protagonisten“, sondern das ganze Orchester zeigte sich unter der souveränen Leitung seines Chefdirigenten Dennis Russell Davies in Bestform. Eröffnet wurde der Abend mit Franz Schuberts Sinfonie Nr. 6 C-Dur, D 589 (1817/18). Da brillierten im ersten Satz die Hörner mit zarten, feinen Piani, ohne dabei in Kitsch zu verfallen. Die Streicher präsentierten sich einheitlich, herausragendes leisteten die souveränen Querflöten! Das Allegro geriet als lebhaft verspielter Dialog zwischen ihnen und dem Rest des Orchesters. Maestro Dennis Russell Davies arbeitete die Feinheiten akribisch heraus und servierte den zahlreich erschienen Konzerbesuchern musikalische Leckerbissen, welche man sich mit Genuss auf der Zunge zergehen liess. Im zweiten Satz, dem Andante, arbeitete der Dirigent die Instrumente, welche jeweils den „Lead“ hatten, klar heraus, ohne dabei den Rest des Orchester zur blossen Begleitung zu degradieren. Es gelang ein wunderbarer Gesamtklang! Im Scherzo gerieten die Wechsel zwischen forte und piano ausgezeichnet. Flott ging es auf das „Trio. Più lento“ zu, der Tempowechsel geriet effektvoll. Und wieder brillierten die Querflöten mit toller Höhe, sicherer Tiefe und feiner Mittellage. Im Finale dann tolle Blechbläser, welche zwar forte spielten, dabei jedoch niemals den Rest des Orchesters „überbrüllten“. Mit seinem differenzierten Dirigat schaffte Dennis Russell Davies absolute Transparenz für den Zuhörer und ermöglichte eine spannende „Entdeckungsreise“ durch dieses wunderbare Werk. Auf Schuberts „grosse C-Dur“-Sinfonie folgte das Konzert für Trompete und Orchester, Es-Dur, Hob. VIIe:1 (1796) von Joseph Haydn.

Als Solist brillierte der Schwedische Trompeter Hakan Hardenberger. Der Solist und das Orchester fanden sofort zueinander. Herrn Hardenberger gelang eine unaufdringliche jedoch deswegen nicht weniger feierliche glanzvolle Vorstellung. Seine Triller und Läufe gerieten brillant und ohne Wackler, in der Coda meisterte die strengen Wechsel zwischen Höhen und Tiefen souverän. Die ausgezeichnete Harmonie zwischen Orchester und Solist zeigte sich zu Beginn des zweiten Satzes, in welchem Hakan Hardenberger die fein angesetzte Einleitung des Orchesters ebenso fein aufnahm. Das berühmte Finale geriet – wie könnte es auch anders sein – virtuos, sicher und durch das tolle Zusammenspiel zwischen Solist und Orchester besonders festlich. Hakan Hardenberger gehört zu den bedeutendsten Trompetern unserer Zeit. Dies vollkommen zu recht! Nebst leuchetendstem Glanz überzeugt er durch differenziertes Spiel – und durch Vielseitigkeit! Und eben diese bewies er nach der Pause in dem Stück, welches diesem wunderbaren Konzertabend den Namen gab: Nobody knows de trouble I see, Konzert für Trompete und Orchester aus dem Jahre 1954 von Bernd Alois Zimmermann. Dieses Trompetenkonzert in einem Satz ist mit zahlreichen Vorwegimitationen durchzogen und führt letztendlich eben zu der berühmten Zeile aus dem Gospelsong. Bernd Alois Zimmermann hatte mit diesem Konzert eine klare Botschaft: „Das Werk wurde unter dem Eindruck des (leider auch heute immer noch bestehenden) Rassenwahns geschrieben und will in der Verschmelzung von drei stilistisch scheinbar so heterogenen Gestaltungsprinzipien gleichsam einen Weg der brüderlichen Verbindung zeigen.“ Will sagen: Klassik meets Jazz and Gospel – ein faszinierendes Klangbild entstand! Nun sind ja neuzeitliche Kompositionen wirklich nicht jedermanns Sache. Mit der unglaublichen Transparenz und fabelhaften Feinfühligkeit, wie Dennis Russell Davies, das Sinfonieorchester Basel und Solist Hakan Hardenberger das Konzert aufführten, öffneten sich jedoch so manchem Zuhörer Ohr und Herz. Stimmungsvoll, dynamisch und spannungsgeladen steuerten Solist und Orchester auf das finale „Nobody Knows“ zu. Dieses wurde durch die Violinen eingeleitet, vom Solisten aufgenommen, weiterentwickelt – um dann leise und dabei eindringlich auszuklingen. Zimmermanns Botschaft ist klar, was daraus wird, nicht. Das macht betroffen …

Fulminant beschloss das SOB den Abend mit Bela Bartoks „Der wunderbare Mandarin“, Suite für Orchester op. 19, Sz 73 (1917/28). Erneut brillierten die Querflöten, die Violinen überzeugten mit absolutem Einklang, das Blech mit kraftvoller Präzision! Wie ergreifend klagte die Klarinette! Und wieder sorgte Dirigent Dennis Russell Davies mit seinem klaren, differnzierten Dirigat dafür, dass es für jeden Konzertbesucher viel Aufregendes zu entdecken gab. Langanhaltender Applaus für einen weiteren fantastischen Konzertabend. Der Kurs, welchen das Sinfonieorchester in dieser Saison fährt, scheint richtig zu sein; das zeigen die gut besuchten, exzellent zusammengestellten Konzerte. Bitte weiter so. Dann lässt das Konzert mit dem Titel „Everybody Knows“ …, für welches die Besucher am Vorabend vor der Abendkasse campierend ausharren, um noch die allerletzten verfügbaren Karten zu ergattern, nicht mehr allzu lange auf sich warten!

 

  Michael Hug

 

Diese Seite drucken