Basel: Theater Basel – Schostakowitsch 9 – Sinfonieorchester Basel (SOB) – Gabriela Montero (Klavier) – Michal Nesterowicz (Leitung) – 30.01.19 (besuchtes Konzert) und 31.01.19
Wenn die Zugabe zur Herzensangelegenheit wird …
Mit viel Schwung und Schmiss eröffnet das Sinfonieorchester Basel (SOB) mit Michail Glinkas Ouvertüre zur Oper «Ruslan und Ljudmilla» (1842) unter der bewährt souveränen Stabführung von Michal Nesterowicz am Pult den jüngsten Konzertabend auf der Grossen Bühne des Theaters Basel. Dirigent und Orchester zeigen sich dabei in allerbester Musizierlaune.
Nach dem perlenden Auftakt steht Peter Tschaikowskis «Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23» (1875) auf dem Programm. Dargeboten wird es durch die venezolanische Pianistin Gabriela Montero, welche vor kurzem in Bonn den Beethovenpreis für Menschenrechte erhalten hat. Sie ist nicht nur eine aussergewöhnliche Pianistin, sondern auch eine ausserordentlich mutige und engagierte Person, welche die Welt auf die unhaltbaren Zustände in ihrer Heimat aufmerksam macht und tatkräftig ihren Landsleuten hilft. Am heutigen Abend ist ihr die brenzlige Situation in Venezuela ein besonderes Anliegen – das zeigt sich auch an ihrem Vortrag. Tschaikowskis Klavierkonzert – das «Pflichtstück» – gerät ihr zwar technisch brillant, aber innerlich wenig differenziert. Frau Montero beeindruckt mit grossartiger technischer Virtuosität, setzt auf die kräftigen musikalischen Effekte des Werkes, findet dabei allerdings den Zugang zum emotional sehr differenziert begleitenden Orchester nicht. Solistin und Orchester spielen nebeneinander her, wobei das SOB facettenreicher und mit mehr Klangfarbe musiziert.
Gabriela Montero ist eine Meisterin der Improvisation – und diese Kunst stellt sie mit ihren beiden Zugaben unter Beweis. In ihrer kleinen Moderation widmet sie ihre beiden Zugaben ihrer Heimat «Venezuela». Sie bittet das Publikum um eine typisch schweizerische Melodie, aus welcher sie dann aus einem Motiv eine Improvisation spielen wird. Eine Zuschauerin gibt den Anfang von «Z’ Basel an mym Rhy» (zu deutsch: In Basel an meinem Rhein) vor, worauf das Lied vom gesamten Publikum aufgenommen und als spontaner Chor gesungen wird. Die Pianistin greift das Anfangsmotiv auf und zaubert daraus eine ergreifende Improvisation voller Lebensfreude, Liebe, Trauer und verbindet damit die Basler Heimat mit der eigenen. Sie «verpackt» darin romantische Klangfarben, bach’sche Fuge sowie Ragtime zu einem kleinen musikalischen Gesamtkunstwerk. Die völkerverbindende Wirkung der Musik bewahrheitet sich hier auf einzigartige Weise – auch bei der zweiten Improvisation über das «Baselbieter Lied».
Nach der Pause brilliert das SOB mit der «Sinfonie Nr. 9 Es-Dur, op. 70» (1945) von Dmitri Schostakowitsch. In der pfiffigen, fein differenzierten, dynamischen Aufführung glänzen die Holzbläser und im dritten Satz der grossartige Solofagottist.
Das begeisterte Publikum im sehr gut verkauften Saal ist sich einig: Einmal mehr ist dem Sinfonieorchester Basel und Michal Nesterowicz ein ganz besonderer Abend, der noch lange nachklingen wird, gelungen.
Michael Hug