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BASEL/ Theater: DIE DREIGROSCHENOPER. Premiere

10.02.2018 | Theater

Theater Basel: „Die Dreigroschenoper“ – Pr. 8.2.2018

Bildergebnis für basel die dreigroschenoper
Paula Hans, Thiemo Strutzenberger, Pia Händler
    © Sandra Then

Die asiatische Klinikdirektorin (Nahoko Fort-Nishigami) begrüsst die Zuschauer auf (vermutlich) Japanisch zum Kongress für humane Psychiatrie und präsentiert stolz Klinikum Mammon I, einen Prototyp, von dem noch weitere im Weltall geplant sind. Sozusagen als Werbefilm zeigt die Klinik nun die Dreigroschenoper als Therapiesitzung für 11 Insassen – meist hochbezahlte Manager, hohe Militärs, Politiker oder Kinder aus reichem Hause – mit zahlreichen psychischen Problemen, vom Borderlinesyndrom über die dependent-devote Persönlichkeitsstörung bis zur posttraumatischen Belastungsstörung. Heilung durch Katharsis, Läuterung durch Spiel wird versprochen, die Dreigroschenoper als therapeutische Wunderwaffe gepriesen.

Diese etwas abstruse Rahmenhandlung, welche die eigentliche Kernhandlung unverändert lässt, ist ein notgedrungener Kunstgriff des aus Basel stammenden Regisseurs Daniel Levy (bekannt durch Filme wie „Meschugge“ oder „Alles auf Zucker“). Denn weitergehende Eingriffe in Handlung, Text oder Musik lassen die Brecht-Erben nicht zu.

Die phantasievolle Bühne (Jo Schramm) präsentiert sich als Plastikpavillon in bester James Bond-Manier, im oberen Teil Klinik, im unteren Teil japanischer Garten, inklusive sich drehendem Koi im überdimensionalem Gitterkäfig (der später auch als Gefängnis dient).

Nun spielen also die Insassen – wie die Kostüme (Jana Findeklee, Joki Tewesals)  als halboffene Zwangsjacken über den Kliniknachthemden getragen werden ist zugegebenermassen genial – eben Brechts Meisterstück. Problem dabei: Die Schauspieler müssen Psychiatrieinsassen spielen, die ihre Störungen mit Spielen zu bekämpfen versuchen und demzufolge grottenschlecht schauspielern und singen. Das resultiert zum Beispiel im monotonen Daherleiern von Text mitsamt ultrasteifem Bewegungssyndrom (herrlich: Florian Jahr als Constable), zwar ganz lustig als running gag, aber auch irgendwie ermüdend. Ingo Tomi als Polizeichef Brown kann immerhin noch als Agressionsgestörter überzeugen, den über Leichen gehenden Oberverbrecher MacHeath nimmt man dem zögerlichen Thiemo Strutzenberger den ganzen Abend nicht ab – der bipolaren Störung sei Dank. Als Premierenbonus – und Highlight des (aber leider nur dieses) Abends – wurde der tapfer durchhaltende Thomas Reisinger als Bettlerkönig Peachum (diesmal tatsächlich) krankheitshalber entschuldigt, weshalb seine Singparts von dem zufällig in Zürich die gleiche Rolle singendem Klaus Brömmelmeier übernommen wurden, der als Peachums Pfleger nicht von dessen Seite wich. Eher peinlich für das Basler Theater, dass die beste Stimme und Performance des Abends aus Zürich kommt…

Noch schlimmer sieht es bei den Damen aus. Cathrin Störmer als Frau Peachum zieht sich immerhin durch exzellentes Spiel aus der Affäre, Singen ist aber auch nicht ihr Ding. Myriam Schröder als Jenny singt so falsch, dass man sich nicht wirklich sicher sein kann, ob das nur gespielt ist,  und Paula Hans als Polly Peachum ist eine krasse Fehlbesetzung. Ihre piepsige Stimme ist insbesondere beim „Piratenjenny“-Song kaum auszuhalten. Da konnte auch die ausgezeichnete Basel Sinfonietta unter der Leitung von Johannes Kalitzke nicht helfen. Die glänzend spielende Pia Händler als Lucy schafft es immerhin, den Durchschnittston des Eifersuchtsduetts auf ein erträgliches Niveau zu bringen.

Immerhin konsequent wird der Kongress durch einen Aufruf zum Aktienkauf der Klinikholding beendet. Und ein bisschen Schmunzeln kann man schon hin und wieder (zum Beispiel wenn der verstummte ehemalige Spitzenpolitiker im Outfit einer japanischen Edelhure seine Stimme wiederfindet). Daniel Levys Zwickmühle ist verständlich, aber weder kommen in der Absurdität der Inszenierung wahre Gefühle auf, noch wird der lakonisch-ironische Ton Brechts getroffen.

In ein paar Jahren läuft das Copyright ab, vielleicht kann man dann noch etwas draus machen.

Alice Matheson

 

 

 

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