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BASEL/ Theater: ALCINA von G.F.Händel. Premiere

11.06.2017 | Oper

Theater Basel: „ALCINA“ Regie: Lydia Steiger
Premiere: 10. Juni 2017

alc

 

              Valer Sabadus, Bryony Dwyer, Nicole Heaston, Statisterie. ©Priska Ketterer

Nach drei Werken von Komponisten des 20. Jahrhunderts (Stockhausen, Korngold, und Glass) produziert das Theater Basel unter der Operndirektorin Laura Berman mit Händels „ALCINA“ eine Barock-Oper, findet also zurück zu den Wurzeln der modernen Oper.
Nach dem sehr kurzfristigen Rückzug der vorgesehenen britischen Hauptdarstellerin (Kate Royal) aus der Produktion (eine Woche vor der Premiere), ist die die Amerikanerin Nicole Heaston, welche die Rolle schon an einigen Häusern gesungen hat, kurzfristig eingesprungen. So konnte die Premiere wie vorgesehen über die Bühne gehen.
Die Regisseurin Lydia Steiger hat sich zusammen mit dem musikalischen Leiter Andrea Marcon entschieden, das Werk ungekürzt auf die Bühne zu bringen.
Viele Worte über die Zauberoper von G.F. Händel zu verlieren erübrigt sich. Interessant dagegen ist Händels Ansatz, zwei sich gegenüberstehende Welten, die hedonistisch-leichtlebige Welt Alcinas und den konventionellen, von moralischen Überlegungen geprägte Lebensentwurf Bradamantes darzustellen. Ein Gegenüberstellung, welche auch im 21. Jahrhundert aktuell ist. Noch immer stehen sich diese unterschiedlichen Lebensweisen „feindlich?“ gegenüber. >Alcinas Insel ist nicht nur ein Ort, an dem man den Verpflichtungen, Hässlichkeiten und Normen des Alltags entfliehen, sondern sich selbst auch abhandenkommen kann< (© Basler Theater). Dies entspricht dem modernen Hang zum Reisen, Kurzreisen, Langreisen, Shopping!

Unter der stringenten Personenführung der Regisseurin singt Nicole Heaston die Alcina. Sie meistert die grosse Rolle mühelos, musikalisch hervorragend, ohne falsches Vibrato mit überzeugender Intonation. Ich habe aber den Eindruck, dass sie sich im ersten und zweiten Akt bis zu ihrer Arie, „Ah mio cor schernito sei“ eher zurückgehalten hat. Für den Rest des Werkes gilt dies sicher nicht, sie hat hervorragend gesungen.
Musikalisch ebenso schön ist die Arbeit des Countertenors Valer Sabadus als Ruggiero. Seine Diktion dagegen lässt sehr zu wünschen übrig, die Textverständlichkeit war schlecht und dies beeinträchtigt massiv den musikalisch-dramaturgischen Eindruck. Wie der französische Regisseur Olivier Py es plakativ in einem Interview ausdrückte: “Ohne gute Diktion keine Musik!“.
Ganz hervorragend als Morgana Bryony Dwyer, welche weder gesanglich noch darstellerisch Wünsche offen lässt. Ihr glasklarer Sopran, ihre optimale Diktion, ihre saubere Intonation liess aufhorchen. Dwyer ist, ebenso wie der Tenor Nathan Haller Mitglied des Basler Opernstudios „OPERAVENIR“. Haller sang den Oronte mit Bravour, auch er mit überzeugender Diktion und Intonation. Seine komödiantische Darstellung war zwingend und ein Highlight in der Produktion. Als Bradamante war die serbische Mezzosopranistin Katarina Bradic zu sehen und zu hören. Ihre Persönlichkeit auf der Bühne kontrastiert unter Steigers Regie optimal mit Alcina. Als Melisso war José Coca Loza zu sehen und hören. Zusammen mit Bradic sind sie die zwei wesentlichen Antagonisten in der Zauberwelt, auf der Zauberinsel mit ihren Protagonisten Alcina, Ruggiero, Morgana und Oronte. Dazu, vielleicht als drittes moralisches Element, Oberto auf der Suche nach seinem Vater, gesungen von der Italienerin Alice Borciani.
Das La Cetra Barockorchester Basel unter der bewährten Stabführung von Andrea Marcon musizierte subtil und präzise. Der Chor des Theater Basel (Chorleitung Henry Polus) meisterte die Chorpartien wie üblich hervorragend. Das Bühnenbild wurde von Flurin Borg Madsen entworfen. Die fantasievollen, farbenprächtigen Kostüme zeichnete Gianluca Falaschi. Das Lichtdesign stammt von Guido Hölzer.

Das Publikum belohnte das Ensemble nach über drei Stunden mit tobendem Applaus und Bravi Rufen.
Für mich wie immer störend waren die Arien-Applause, welch den dramaturgisch-musikalischen Ablauf doch sehr stören.

Peter Heuberger, Basel

 

 

 

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