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BASEL/ Stadtcasino: MARTHA ARGERICH – ROYAL PHILHARMONIC ORCHESTRA LONDON – CHARLES DUTOIT

Basel: Stadtcasino – Martha Argerich – Royal Philharmonic Orchestra London – Charles Dutoit03.10.2014

 Der ausverkaufte Musiksaal des Stadtcasinos Basel scheint vor Erwartungsspannung zu beben – wir alle wissen: Heute Abend erleben wir ganz Besonderes! Als festlich gemeinter Auftakt erklingt Carl Maria von Webers Ouvertüre zu „Euryanthe“. Nach kraftvollem Einstieg durch die prächtig aufspielenden Bläser gerät dem Royal Philharmonic Orchestra London unter Charles Dutoit der Einstieg in diesen anspruchsvollen Abend trotz der in den vor allem in den Piani sehr sensibel spielenden Streichern doch nur zur eher glanzlosen „Aufwärmübung“. Die Bläser verlieren zeitweilen etwas die Kontrolle und geben etwas „too much“. Im Hinblick, auf das, was dann darauf folgt, sei diese „Pflichtübung auf hohem Niveau“ verziehen.

Nach einer kurzen Umbaupause betritt sie dann zusammen mit dem Dirigenten (und Ex-Ehemann) Charles Dutoit mit jetzt schon spürbarer Lust auf Schumanns Konzert a-Moll, op.54, das Podium: Martha Argerich. Nach dem kraftvollen Auftakt tauchen wir ein in Martha Argerichs Universum der leidenschaftlichen pianistischen Leichtfüssigkeit. Sie gestaltet das Konzert erzählend, phrasiert höchst sensibel und tritt so in berührenden Dialog mit dem Orchester. Es besteht tiefste Harmonie zwischen der Pianistin und dem Dirigenten. Die musikalische und menschliche Verbindung zwischen den beiden grossen Künstlern ist unüberhörbar: Gegenseitig nehmen sie ihre Impulse auf und übertragen diese ins Orchester beziehungsweise in das Instrument. Die grosse Leidenschaft für das Konzert ist Frau Argerich äusserlich auf sehr angenehme bescheidene Art anzusehen. Sie lenkt ihr musikalisches Feuer von innen heraus in ihre Hände, welche dem Flügel herrlichste Musik entlocken. Durch diese grosse Harmonie und das perfekte Verständnis zwischen Solistin, Dirigent und Orchester gerät der wunderbare zweite, langsame Satz zu einem intimen Gespräch zwischen den Aufführenden, das dann im dritten Satz brillant leichtfüssig auf eine andere Ebene gebracht und am Schluss stimmig aufgelöst wird. Frau Argerich gelingt die Kombination pianistischer Technik mit Emotion mehr als nur perfekt. Mein persönliches Fazit: Besser kann man Schumanns Klavierkonzert nicht spielen – und wenn doch, dann nur jemand: Martha Argerich.

 Nach diesem musikalischen Wunderwerk hat nun die Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64 von Tschaikowsky einen schweren Stand – und mancher wird sich überlegt haben, ob er nicht darauf verzichten soll, um weiterhin Martha Argerichs Schumann-Konzert auf sich wirken lassen. Nun knüpft aber Tschaikowskis Fünfte vor allem zu Beginn gut an das vorher Gehörte an, so dass sich für den Zuhörer anstelle eines harten Schnitts ein angenehmer Übergang in das nächste Werk ergibt. Die geschickte Programmzusammenstellung ist ein weiteres Qualitätsmerkmal diese hochkarätigen Konzertabends! Fein phrasiert leitet Dirigent Dutoit das Orchester aus den Piani zu den effektvollen Forti. Die Bläser spielen kraft- und glanzvoll, sensibel brillant begeistern die Flöten. Das perfekt dargebotene Hornsolo im zweiten Satz wird vom Orchester, welches das Thema aufnimmt und einfühlsam weiterentwickelt, gefühlsvoll begleitet. Der dritte (Walzer-)Satz gerät erneut zur Sternstunde der FlötistInnen. Mit einem dynamisch und äusserst kompakt musizierten vierten Satz endet die Sinfonie und ein denkwürdiger, vielschichtiger Konzertabend – vom Publikum heftig bejubelt.

 Michael Hug

 

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