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BASEL: MACBETH von G. Verdi. Premiere

16.04.2016 | Oper

Theater Basel: Verdi: „Macbeth“ – Premiere 15.4.2016

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Katia Pellegrino, Vladislav Sulimsky. Copyright: Sandra Then

 Da es sich bei Macbeth bekanntermassen nicht um eine der sonst opernüblichen Liebesgeschichten handelt, und das Drama ausserdem noch im nasskalten Schottland stattfindet, ist die Düsterheit der Inszenierung von Olivier Py verständlich und durchaus passend. Ein stilisierter, sich drehender Wald mit grünen Irrlichtern, die schiefergrauen nassglänzenden Backsteinwände des Schlosses, das Schlossinnere mit dem Industrieloftcharme eines metallenen Setzkastens, Kronleuchtern und Spiegeln in bester Schloss Dracula-Manier: Das Bühnenbild von Pierre-André Weitz ist der eigentliche Star des Abends, tatkräftig unterstützt von den fantastisch düsteren Lichteffekten von Bertrand Killy und den ganz in schwarz gehaltenen Kostümen (ebenfalls Pierre-André Weitz). Allerdings erinnert alles sehr an die Penelope von Strassburg, wo das gleiche Trio am Werk war. Aber ein eigener Stil ist ja nicht zwangsläufig etwas Schlechtes.

 Nun hätte man vor dieser Kulisse einen wirklich gruseligen Hexensabbat feiern können, aber die schwarz vermummten wild gestikulierenden Gestalten wirken eher lächerlich, die immer wieder auftretenden nackten Damen, die in den späteren Walpurgisnächten auch Sex mit ebenso nackten männlichen Pendants haben, eher peinlich. Dass Duncans Leichnam (der in einer pittoresken Badewanne ermordet wird) nackt und blutverschmiert immer wieder durch das Bild laufen muss, Macbeths Standbild ähnlich dem Lenins vom Volk gestürzt wird, lebendige Hunde auf der Bühne herumlaufen, sich drei Raben über Lady Macduff und ihre Kinder beugen, Macbeth durch einen Haufen nackter Leichen waten muss oder ein Erzengel in Rüstung auftritt: Die Regieeinfälle wirken etwas pathetisch, da hätte eine durchdachtere Personenführung mehr gebracht.

 Verdi wendet sich in dieser Oper deutlich vom Belcanto ab, sie gehört zu den dunkleren seiner Opern, und ist nicht jedermanns Sache. Als Glücksgriff für Basel erweist sich Erik Nielsen, der neue musikalische Leiter, der hier das Sinfonieorchester zum ersten Mal und das äusserst souverän dirigiert, den Sängern genügend Freiraum einräumt, aber keine Längen aufkommen lässt. Auch die Wahl der gestrafften Pariser Fassung erweist sich als klug.

 Vladislav Sulimsky braucht etwas Aufwärmzeit, singt aber vor allem in den letzten beiden Akten die Titelrolle kraftvoll und dynamisch, mit warmem, intelligent geführtem Bariton. Vielleicht ist die Zögerlichkeit der ersten beiden Akte auch der Rolle geschuldet. Gleiches gilt für Lady Macbeth alias Katia Pellegrino, die zu Beginn noch ohne Tiefen, dafür mit übermässigem Tremolo singt und erst im dritten Akt zu wahrer Grösse findet. In ihrer Wahnsinnsszene kann sie dann aber alle Register ihrer äusserst dramatischen Stimme ziehen. Auch Markus Nykänen füllt die Rolle des Malcolm mit seinem klaren schönen Tenor perfekt aus. Schauspielerisch werden alle drei aber zu oft sich selbst überlassen.

 Die Stimme des Abends gehört aber ganz unvermutet dem jungen Callum Thorpe als General Banquo. Da kann man aber von Glück reden, dass der junge Bass nach seinem Doktor in Immunologie noch den Weg auf die Bühne gefunden hat! Was für eine Stimme! Die Abschiedsarie von seinem Sohn ist die berührendste des Abends.

Nicht weniger ansprechend ist der schöne Tenor von Demos Flemotomos als Macduff, auch diesen Namen wird man sich merken müssen!

Auch die Nebenrollen sind ausgezeichnet mit Vivian Zatta als Diener, Valentina Marghiotti als Kammerfrau und Andrew Murphy als Arzt besetzt. Der Chor des Theaters Basel (Leitung: Henryk Polus) war nicht immer präzise, allerdings vielleicht behindert durch die seltsamen eurhythmieartigen Tänze, die er ausführen musste.

Alles in allem eine sehr ansprechende Inszenierung mit ausgezeichneten Stimmen. Selbstmordgefährdete sollten sie allerdings meiden.

Alice Matheson

 

 

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