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BASEL: LOHENGRIN. Premiere

22.10.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Lohengrin im  Theater Basel- Premiere Sonntag, 20. Oktober 2013

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Schattenspiele im Brautgemach – und interessierte Zuschauer. Foto: Hans Jörg Michel

 Langer Applaus belohnt an der Premiere die Leistung der Sängerinnen und Sänger sowie des Theaterchores, geleitet von Henryk Polus. Ebenso applaudiert wird die Arbeit der Regisseurin Vera Nemirova, des Dirigenten Axel Kober und von  Jens Kilian, welcher das Bühnenbild (eine Stiftung des Basler Theatervereins) gestaltete.

 Superb gestaltend singt Rolf Romei den Lohengrin mit perfekter Intonation, hervorragender Diktion und heldisch dort wo es sein muss und mit viel Emotion in den Duetten mit Elsa und in der Gralserzählung. Sehr berührend sein `Das süsse Lied verhallt` welches sehr zart und liebevoll erklingt. Romei brilliert in dieser frühen Wagneroper, welche von einem Sänger viel verlangt, aber doch gut zu meistern ist, sofern das Fach beherrscht wird und dies ist bei Romei der Fall. Dies wurde schon 2011 in der Titelrolle in PARSIFAL bewiesen. Seine hervorragende Körperarbeit unterstreicht bei jedem Ton seine Qualitäten als Sänger-Schauspieler.

Berührend, und die Rolle sehr gut entwickelnd, singt Sunyoung Seo die Elsa. Ihr klarer Sopran kommt ohne falsches Pathos, klaren Höhen ohne schrill zu wirken mit dem Vibrato an den richtigen Stellen daher. Ihren dramatischen Höhepunkt in LOHENGRIN, die verbotene Frage, singt sie klar und voller Emotionen. Ihre Körpersprache entspricht immer der jeweiligen Situation. Dies beweist eine hohe, der Rolle entsprechende, Schauspielkunst.

Ebenfalls gefiel die musikalische Qualität von  Olafur Sigurdarson als Telramund. Sein Gesang und seine Diktion überzeugen. Nicht so überzeugend ist seine schauspielerische Leistung. Dies mag an der Personenführung der Regisseurin liegen.

Michelle de Young als Ortrud ist eine klare Fehlbesetzung. Ihre Bühnenpräsenz, Ihre Darstellungskunst orientiert sich an der amerikanischen Showbühne. Ihr Gesang ist laut, nur laut, in fortissimo- Stellen gestemmt und schrill. Hier würde Richard Wagner wieder mal raten: `Laut singen, Madame, nicht schreien`. Ihre Körpersprache wirkt aufgesetzt und ist daher nicht überzeugend. Im gesamten eine eher minable Leistung, welche im Werk fehl am Platze ist.

Pavel Kudinov als Heinrich der Vogler überzeugt sowohl gesanglich als auch darstellerisch. Dasselbe gilt für Andrew Murphy als Heerrufer. Er lebt seinen Part und interpretiert  klar und deutlich.

Der Theaterchor Basel, verstärkt durch den Extrachor singt, wie immer, hervorragend. Henryk Polus hat sein Team bestens im Griff und verlangt immer alles von den Damen und Herren. Getrübt wird der Eindruck allerdings dadurch, dass der Chor oft zu laut ist und das Orchester übertönt. Dies allerdings ist nicht dem Chorleiter anzulasten, sondern einerseits der Regie und andererseits dem Dirigenten Axel Kober. Bei der Aufstellung des Chores als Gesamtblock an der Rampe ist es fast unausweichlich, dass dieser Chor zu laut wirkt, falls nicht die musikalische Leitung auf ein ausgeglichenes Klangbild zwischen Orchester und Chor achtet.

Das Symphonieorchester Basel spielt gekonnt wie immer. Allerdings fehlt unter Axel Kober der Zauber, die Subtilität, welche im Lohengrin zu erarbeiten wäre. So gehört im Bayreuther Lohengrin unter Andris Nelson.

Das Bühnenbild von Jens Kilian ist gewöhnungsbedürftig, speziell für diesen Lohengrin. Zeitlose Bühnenbilder wie sie von Wieland und Wolfgang Wagner, Hans Neuenfels, respektive Reinhard von der Thannen erarbeitet wurden, scheinen mir geeigneter für Neuinterpretationen. Diese geben der Regiearbeit mehr Freiheit.

Eine neue Interpretation für Lohengrin hat Vera Nemirova  nicht erarbeitet. Ihre Personenführung erscheint nicht stringent und entspricht nicht immer dem Werk. Man merkt, wenn man den Bayreuther Lohengrin gesehen hat, dass Nemirova eine Schülerin von Neuenfels ist.

Gänzlich absurd und schlecht inszeniert ist der Beginn des zweiten Aktes: `Erhebe dich, Gefährtin meiner Schmach`. Die Darstellung der sexuellen Hörigkeit Telramund’s wirkt absolut unglaubwürdig und lächerlich. Über die Kissenschlacht zu Beginn des dritten Aktes kann man diskutieren, doch habe ich schon schlüssigere Ideen für Vorspiel-Inszenierungen erlebt. ( Lohengrin in Freiburg, Regie Frank Hilbrich). Bei der Regieführung des Chores wird nicht beachtet dass im Lohengrin der Chor keine musikalische, sondern nur eine dramatische Wirkung entfalten soll. Eine Ausnahme bildet der Brautchor `Treulich geführt`.

Egon Voss in `Die Chöre im Lohengrin` schreibt 1979 : `Ausnehmen von dieser Kennzeichnung der < Lohengrin> Chöre muss man wohl den Brautchor, der gewiss nicht zu jener weltweiten Berühmtheit aufgestiegen wäre, besässe er keine unverwechselbare Prägnanz. Indessen ist der Brautchor Bühnenmusik, so dass ihm eine andere Stellung zukommt als den anderen Chören, die nicht – wie jener- musikalische, sondern dramatische Bestandteile der Handlung sind`.

Alles in allem: Eine recht gute Inszenierung, welche vor allem von der Leistung der Solisten lebt. Und: Dem Premieren Publikum hat diese Inszenierung gefallen, dauerte der Applaus doch mehr als 15 Minuten.

 Peter Heuberger, Basel

 

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