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BASEL: BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER

30.03.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Theater

Theater Basel: Biedermann und Brandstifter : Premiere 22. Februar 2014

Ein Bericht aus Basel

Unbenannt

© Judith Schlosser

            Claudia Jahn                           Andrea Bettini                           David Berger

 Biedermann und Brandstifter von Max Frisch wird in vielen Theatern in ganz Europa gespielt. Ein Inhaltsangabe erübrigt sich, dies umso mehr, da das Werk von Frisch auch intensiv als Schullektüre dient. Es hat genügend Eulen in Athen, ich brauche keine hinzutragen.

Die Basler Inszenierung in der Regie von Volker Loesch orientiert sich an der politischen und gesellschaftlichen Realität, nicht aber an der kurzfristigen Tagespolitik. Loesch strebt ein lang andauernde Aussage und Wirkung an.

 Der Eingangschor mit dem Gedicht von Albrecht von Haller aus dem Jahr 1729 wäre an und für sich eine tragende Idee, wenn man/frau den Text ohne Textbuch verstanden hätte. So wirkt dieser Prolog langfädig und eher schwerfällig.  

Die Inszenierung von Loesch dagegen wirkt frisch, wird illustriert von Bildern wie zum Beispiel  Kühen welche  Burkas tragen. Ein weiteres Bild zeigt Europa ohne die Schweiz.  

Gottlieb Biedermann, wunderbar interpretiert durch David Berger,  ist ein Haarwasserverkäufer, welcher für geschäftlichen Erfolg über Leichen geht, sein Angestellter Knechtling macht Selbstmord. Im Gegensatz dazu sucht er Menschlichkeit und betont, er wolle doch kein Unmensch sein. Die beiden Brandstifter, bei Frisch Schmitz und Eisenring, sind in Loesch Version die Immigranten Ivan Subotic (Andrea Bettini) und sein Freund Carlos, (Jan Viethen). Claudia Jahn spielt die Bedienstete Anna hervorragend und Babette wird interpretiert durch Cathrin Störmer. Auch sie überzeugt durch ihre schauspielerische Leistung.   Die beiden Brandstifter, Ivan und Carlos wollen vor allem auf die Ausgrenzung und Behandlung von Randständigen und Immigranten aufmerksam machen. Das ist in Volker Loeschs Inszenierung ihr Motiv.

Das Bühnenbild wurde entworfen von Sarah Rossberg, die Kostüme kreiert von Teresa Grosser. Roland Edrich ist verantwortlich für das Licht und Amadis Brugnoni für das Tondesign. Die Illustrationen wurden gezeichnet von Giovanna Bolliger.

Der Chor der Migranten, es sind tatsächlich Secondos, Secondas und Migranten/Migrantinnen,  spricht eigene Texte, welche auf Interview Transkriptionen basieren. Dieser Ansatz überzeugt und entspricht einem modernen Frisch, welcher schon 1966 die schlechte Behandlung der Immigranten, damals Italiener vor allem, beklagt und verurteilt hat.

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© Judith Schlosser

Der Chor der Feuerwehrleute, Studierende der Hochschule der Künste Bern, hat sich von angepassten Bürgern (Inszenierung Konzerttheater Bern) in Feuermänner/Feuerfrauen analog Ray Bradburys Roman „Fahrenheit 451“ verwandelt. Sie löschen nicht mehr Feuer, sie entfachen  Brände. Üble Erinnerungen an Bücherverbrennungen und Literaturzensur, politische Denkdiktatur wird wach. Das Fremde der Migranten, das Unbekannte Wesen macht Angst, schreckt ab, ist gefährlich, muss vernichtet werden. Vergessen wird dabei, dass Fremde mit der Zeit, unsere italienischen Mitbürger sind das beste Beispiel dafür, integriert werden, sich anpassen und wertvolle gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse mitbringen.

 Ein Lehrstück ohne Lehre? Nein, aber ein Lehrstück ohne Moralin!!

 Wenn ich die Inszenierung von Claudia Meyer von Bern mit Volker Loeschs Biedermann in Basel vergleiche, ist mir klar, dass Frisch das Stück 2014 so geschrieben hätte, wie Loesch es inszeniert. Im  Vergleich zwischen Bern und Basel aber gebe ich keiner der beiden Versionen Vortritt, beide sind gleich gut und haben das gleiche Gewicht.

 Es lohnt sich beide Inszenierungen, Basel und Bern, anzuschauen.

 Peter Heuberger

Basel

 

 

 

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