Wieder Operettenerfolg in Baden: „Tausend und eine Nacht“ von Johann Strauß (Vorstellung: 16. 12. 2012)
Die Operettenmetropole Baden zeichnete sich wieder durch eine opulente Ausstattung aus (Foto: Christian Husar)
Immer wieder stellt das Stadttheater Baden seinen Ruf als Operettenmetropole unter Beweis. Diesmal wählte man das Erstlingswerk von Johann Strauß aus, das 1871 unter dem Namen „Indigo und die vierzig Räuber“ in Wien uraufgeführt, aber aufgrund des schwachen Librettos mehrmals umgearbeitet wurde. Einige Jahre später kam eine neue Fassung unter dem Titel „La Reine Indigo“ („Königin Indigo“) in Paris und 1877 am Theater an der Wien zur Aufführung, wo die Operette aber nur kurze Zeit gespielt wurde. Erst die Fassung, die Ernst Reiterer 1906 mit einem völlig neuen Textbuch von Leo Stein und Karl Lindau erstellte und als „Tausend und eine Nacht“ aufgeführt wurde, war erfolgreich und wurde überall in Europa gespielt.
Der Inhalt der Operette, deren Handlung irgendwann und irgendwo im Morgenland spielt, in Kurzfassung: Sultan Suleiman war auf einer längeren Europareise und wird an seinem Hof wieder feierlich empfangen. Aus Europa bringt er viele neue Ideen mit. Neben zahlreichen anderen Reformen will er in seinem Land vor allem die Vielweiberei abschaffen, denn er hat sich in Leila, die Nichte des Magiers Ormaz, verliebt und diese will nur als seine einzige Frau bei ihm bleiben. Der Großwesir und die Haremsdamen machen aber größten Widerstand und beschließen, gegen seine Reformen zu revoltieren. Eddin, der Sekretär des Sultans hat sich aus Wien die junge Wally mitgebracht, die den Harem des Sultans ziemlich durcheinander bringt. Als Leila dem Sultan erzählt, dass sie ist den Fischer Mossu geheiratet hat, der ihm so ähnlich schaut, macht Suleiman auf Rat seines Sekretärs Mossu für einen Tag zum Sultan, damit er selbst ungestört die Nähe Leilas suchen
kann. Am Ende stellt sich alles als Märchenerzählung von Scheherezade heraus und Sultan Suleiman kann seine geliebte Leila heiraten.
Die gebürtige Wienerin Christa Ertl, die 1979 ihre Karriere am Stadttheater Baden als Tänzerin begann und danach die Leitung des Balletts übernahm, inszenierte das Werk zur Freude des Publikums auf klassische Weise als zauberhaftes Operettenmärchen. Kongeniale Partner waren ihr dabei Manfred Waba, der ein orientalisch wirkendes Bühnenbild mit fliegendem Teppich schuf und gemeinsam mit Gerlinde Brendinger opulente und farbenprächtige Kostüme entwarf. Für weiteren Augenschmaus sorgten die von Michael Kropf sehr einfallsreich choreographierten Ballettszenen, die in Baden stets zu den Höhepunkten einer Aufführung zählen und das begeisterte Publikum diesmal sogar
mitten im Tanz zu Szenenapplaus herausforderten.
Aus dem routinierten Sängerensemble ragten Katja Reichert – seit Jahren eine große Stütze der Bühne Baden – sowie Matjaž Stopinšek heraus, die beide ihre Doppelrollen darstellerisch und stimmlich meisterten. Die Schweizer Sopranistin bezauberte als einfaches Fellachenmädchen ebenso wie als Märchenerzählerin Scheherezade und der lyrische slowenische Tenor überzeugte als Sultan Suleiman durch seine große Bühnenpräsenz gleichermaßen wie als Fischer Mossu durch komödiantisches Spiel. Der Tenor Andreas Sauerzapf war ein quirliger Sekretär des Sultans, die Sopranistin Katrin Fuchs als seine Freundin Wally gab eine hübsche und freche Wienerin.
Für den in Operetten wichtigen Humor waren vor allem der Buffotenor Beppo Binder als Haremswächter Filoy und „angeblicher Eunuch“, der Bariton Josef Forstner als Magier Ormuz und Robert Sadil als sein Gehilfe Kiossim zuständig, die immer wieder das Publikum zum Lachen reizten. Rollengerecht agierten auch Walter Schwab als Großwesir, Franz Josef Koepp als Kaimakan und Franz Födinger als Dunium sowie die köstlich agierende Ingrid Habermann als Zoraide.
Das Orchester der Bühne Baden wurde von Franz Josef Breznik wie immer routiniert geleitet, wobei auffiel, dass er bei den Balletteinlagen, von denen der Persische Marsch, die Tarantella Europareise und der Frühlingsstimmenwalzer das Publikum besonders begeisterten, die Musiker zu voller Lautstärke trieb. Für die ins Ohr gehenden Musiknummern, wie Es war einmal ein Fischer – Ja, so singt man in der Stadt, wo ich geboren – Sag, bist du mir gut? – Tralala, so hört man es klingen, war er den Sängern ein einfühlsamer Begleiter.
Das Publikum in Baden war in bester Operettenlaune und belohnte alle Mitwirkenden mit verdientem Beifall.
Udo Pacolt, Wien – München