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BADEN-BADEN/Weinbrennersaal: CARL FLESCH PREISTRÄGER- UND SOLISTENKONZERT

Voll Esprit und Feuer

18.07.2019 | Konzert/Liederabende


Albrecht Menzel. Foto: Carl Flesch-Akademie

BADEN-BADEN: Carl-Flesch-Preisträgerkonzert und Solistenkonzert am 12. und 17. Juli 2019 im Weinbrennersaal/

Voll Esprit und Feuer

Zwei Raritäten wurden beim Preisträgerkonzert der Carl-Flesch-Akademie im Weinbrennersaal vorgestellt. Katharina Uhde (Violine) interpretierte zusammen mit der Philharmonie Baden-Baden unter der inspirierenden Leitung von Pavel Baleff zwei Werke des Brahms-Freundes Joseph Joachim, die zur Zeit ihrer Aufführungen großen Zuspruch erlebten. So bezeichnete die Weimarische Zeitung die Irische Fantasie für Geige und Orchester in d-Moll als „trefflich gearbeitet“ und kennzeichnete Joachims Bearbeitung als Beispiel von „Kraft, Tiefe, Innigkeit und Frische“. Seit 1853 sind beide Werke nicht mehr zur Aufführung gelangt. Katharina Uhde präsentierte die Irische Fantasie in d-Moll  und die Ungarische Fantasie für Geige und Orchester in a-Moll mit viel Sinn für harmonische Ausdruckstiefe und geradezu gesangliche Kantilenen. Mit ihrem energischen Bogenstrich erfüllte sie auch die Ungarische Fantasie für Geige und Orchester in a-Moll von Joseph Joachim mit bemerkenswerter Energie, innerem Elan und wildem Feuer, das sich dann auf das gesamte Orchester übertrug. Kontrapunktischer Zauber strahlte hier auf alle Orchesterstimmen aus. Katharina Uhde zeichnete bei ihrer Wiedergabe auch die Nähe zu den Werken von Johannes Brahms nach, was sich in der Betonung der schicksalhaften Größe des thematischen Gedankens offenbarte. Auch lyrische Momente gewannen immer mehr Intensität. Katharina Uhde hat übrigens ein bemerkenswertes Buch über Joseph Joachim geschrieben. Die Carl-Flesch-Preisträgerin der Lions Clubs 2018 Simone Drescher interpretierte das Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 85 von Edward Elgar mit viel Sinn für reife Gestaltungskraft, romantischen Überschwang und bewegende Abschiedsstimmung. Zu dieser Zeit war Elgars Frau Alice schwer erkrankt. Der Moderato-Satz mit dem ausschweifenden Thema und den großen Melodiebögen beeindruckte die Zuhörer bei dieser ausdrucksvollen Interpretation ganz unmittelbar. Das Lento fesselte das Publikum mit intensiven Tremolo-Passagen. Langgezogene melodische Linien wechselten sich mit straffen rhythmischen Akzentuierungen ab. Beeindruckend wirkte vor allem das aufwühlende Zusammenspiel der Cellistin Simone Drescher  mit der Philharmonie Baden-Baden. Man begriff hier durchaus, dass Edward Elgar sich intensiv mit dem Werk Richard Wagners und den sinfonischen Dichtungen von Franz Liszt auseinandersetzte.

Das Intermezzo aus der Oper „L’amico Fritz“ von Pietro Mascagni war bei diesem besonderen, beglückenden Preisträgerkonzert dem verstorbenen langjährigen Präsidenten der Patronatsgesellschaft für Theater und Philharmonie Baden-Baden Walter Fritz Schickinger gewidmet. In diesem Werk geht es um einen recht komplizierten Junggesellenabschied mit anschließender Hochzeit. Gustav Mahler hatte dieses Werk übrigens 1892 in Hamburg dirigiert. Die naturalistischen Elemente triumphierten auch hier, da Pavel Baleff die Philharmonie Baden-Baden zu einer emotionalen Höchstleistung anspornte, die wirklich unter die Haut ging. Gewisse Anklänge an die sizilianische Volksmusik waren auch bei dieser Interpretation auszumachen. Absolut hochkarätig war außerdem das Solistenkonzert 1 mit der Philharmonie Baden-Baden unter der energischen Leitung von Pavel Baleff. Die beiden hochbegabten Kontrabassisten Tomas Karpisek (Tschechien) und Akseli Porkkala (Finnland) begeisterten gleich zu Beginn beim Konzert für Kontrabass und Orchester in D-Dur von Johann Baptist Vanhal, da die Intensität der thematischen Zusammenhänge offen zutage trat. Hervorragend musizierte die Philharmonie Baden-Baden dann das Konzert nach alten Volksliedern „Der Schwanendreher“ von Paul Hindemith, wo gleich die Einleitung von Hörnern und Posaunen sehr prägnant erfasst wurde. Kyuhyun Kim (Südkorea, Viola) interpretierte das charaktervolle Solothema der Viola in seiner kunstvollen Verarbeitung mit großem Einfühlungsvermögen – besonders schön gelang dies bei der Stelle mit Posaune und Harfe. Das Fagott erinnerte keck an den „Gutzgauch auf dem Zaune“, die Weise fügte sich in ein scherzhaftes Fugato. Vier Variationen über dieses Lied fielen dem munter fiedelnden Spielmann ein.


Lisa Strauss, links Dirigent Pavel Baleff.  (Foto: Carl Flesch-Akademie)

Ein großartiges Talent ist auch Lisa Strauss (Frankreich), die als begnadete Cellistin die beiden Sätze Adagio und Lento aus dem Cellokonzert von Edward Elgar zum Leben erweckte. Der spätromantisch-klassizistische Stil dieses Spätwerks feierte dabei Triumphe. Anna Im (Violine) stellte sich als weiteres großes Talent aus Südkorea vor. Sie interpretierte den ersten Satz Allegro moderato aus dem Konzert für Violine und Orchester in d-Moll op. 47 von Jean Sibelius. Dass sich der thematische Reichtum dieser Komposition ganz auf das Soloinstrument konzentriert, machte die hochbegabte junge Solistin deutlich. Angesichts des rhapsodischen Kadenzenreichtums und des präzis herausgearbeiteten charakteristischen Hauptthemas erreichte diese Wiedergabe ein besonders hohes Niveau. Lukas Rudolph (Deutschland) imponierte als Kontrabassist bei den beiden Sätzen Allegro moderato und Andante des Konzerts für Kontrabass Nr. 2 in h-Moll von Giovanni Bottesini. Chromatische Finessen traten dabei offen zutage. Von Bela Bartok erklang der erste Moderato-Satz aus dem Konzert für Viola und Orchester op. posth. mit dem Südkoreaner Hyelim Yoo (Viola), der die abgeklärte Harmonik dieses Werkes zusammen mit der Philharmonie Baden-Baden unter Pavel Baleff ausgezeichnet betonte. Das zweite Thema wirkte hier energischer als das erste, aber auch die ruhigen Seitengedanken kamen nicht zu kurz. Die Reprise begann in Flöten und Hörnern mit dem schärfer gefassten Kopfmotiv. Die immer leiser niedersinkende Coda blieb stark im Gedächtnis. Zum Abschluss spielte der exzellente Geiger Albrecht Menzel (Deutschland) den ersten Satz aus dem Violinkonzert in D-Dur op. 35 von Peter Tschaikowski. Die virtuos-brillante Einkleidung dieses Konzerts kam überzeugend zum Vorschein. Mitreissende dynamische Steigerungen und einprägsame Seitenthemen rissen das Publikum unmittelbar mit.

Alexander Walther       

 

 

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