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BADEN-BADEN: GERALD FINLEY-BERLINER PHILHARMONIKER /DANIEL HARDING“

Ist´ ein Traum, kann nicht wirklich sein …


Gerald Finley, Daniel Harding. Copyright: Monika Rittershaus

Baden-Baden: „GERALD FINLEY-BERLINER PHILHARMONIKER /DANIEL HARDING“ – 26.03.2018

Ist´ ein Traum, kann nicht wirklich sein …

Einen Liederabend von ganz besonderer Art und noch ein klangvolles Osterei dazu legte das Festspielhaus seinen Besuchern ins vorösterliche Nest: der Amfortas Gerald Finley der Neuinszenierung des „Parsifal“ bereicherte die diesjährigen „Oster-Festspiele“ mit einem sensationellen Recital. Nach diversen grandiosen Konzerten denke ich so bei mir: gibt es noch eine Steigerung? Für wahr – zum Kontrast des Vorabends, gab es sie wirklich!

Gerald Finley vollbrachte dieses Wunder, sang zunächst zwei von Max Reger orchestrierte Lieder von Franz Schubert: „Prometheus“ erklang in zutiefst dynamischer Akzentuierung, geradezu als magischer Epilog voll maskuliner Virilität und subtil ausgekosteten Schattierungen. Zwar durchglüht, dennoch kontrolliert in der Emotion begegnete der englische Bariton mit dem herrlichen weichen Timbre, den wunderschön phrasierten Kantilenen bei An die Musik.

Hector Berlioz orchestrierte „Erlkönig“, Gerald Finley wählte im dramatischen Gespür der Erzählung, eine unglaublich stilistisch perfekte Musiksprache als Inbegriff vokalen Raffinements. In tonalen Klangdimensionen von ungeheuer präsentem Kontext umriss der Sänger das schaurige Drama.

Zwei von Johannes Brahms untermalten Preziosen folgten, verströmten den betörenden Duft von Lyrik und Musik – sinnlich vereint im poetischen Wort dank der vokalen Finessen des begnadeten Sängers. „Memnon“ auf exemplarische Weise vorgetragen, bot Finley in Kombination hoher Musikalität, faszinierender Legato-Kultur und subtiler beispielhafter Deklamation zur Mini-Opern-Szene. Elegant, weich vokal im Belcanto-Fluss des herrlichen Baritons erklang in vielfältigen Schattierungen „An Schwager Kronos.

Markant, stilvoll, lyrisch, instrumental auftrumpfend lieferte Daniel Harding mit den vortrefflich disponierten Berliner Philharmonikern die orchestrale post-impressionistische Untermalung.

Wo bin ich…O könnt´ ich die Arie des Simon aus „Lazarus“ beschloss den ungewöhnlichen „Liederabend“ und Gerald Finley schenkte dem Exponat wiederum in Verinnerlichung des Bildhaften durch prägnante vokale Abstufungen dank seines herrlichen Timbres, in beseelter Pianokultur dem Genre Kunstlied allerhöchstes Niveau.

Die Beifallsstürme des auffallend jugendlich durchsetzten Auditoriums bedankte der sympathische Sänger, charmant angesagt mit Du bist die Ruh´ (Anton von Webern) derart berührend, zart, intim unter die Haut gehend, in unvergleichlich weich-strömender Vokalise dargeboten, dass es selbst einem alten (Oster)Hasen wie mir die Tränen in die Augen trieb.

Ganz andere klangliche Dimensionen rissen die Zuhörer aus voran gehörten musikalischen Empfindungen zum naturalistischen Tongemälde „Alpen-Symphonie“ (Richard Strauss) vom deutschen Renommee-Orchester Berliner Philharmonikern unter Daniel Harding höchst intensiv akustisch illustriert.

Zum formellen dynamischen, weit gefächerten Klangbild verlieh Harding seiner Interpretation klare Schärfenkontraste, eine regelrecht greifbare Wahrhaftigkeit des dynamischen tonalen Kosmos. In atemberaubender Präzision formierten sich die Instrumentalgruppen zum Sonnenaufgang und ließen akustisch jene Eindrücke visuell im inneren Auge des Hörers optisch erstehen. Lebhaft und energisch gestaltet erklangen die Episoden Der Anstieg und rauschend Der Wasserfall. Lebendig herrlich instrumental erblühte die Farbenpracht Auf blumigen Wiesen.

Erhaben leuchtend in mäßigen Tempi erklommen die Orchesterfluten das Gestrüpp und Dickicht Auf der Alm, brachten Auf dem Gletscher in kristallklarem Klang das ewige (?) Eis zum Leuchten. Wieselflinke Streicher, grelle Flöten, satt gebeiztes Eichenholz der Bläser und dominierend-akkurate Blechfraktionen entluden sich zum allmählichen Verdüstern der Sonne in phantastischen klang-intensiven Eruptionen bei Gewitter und Sturm. Traumhaft elegische Differenzierungen zu romantischen Ausklängen des Sonnuntergangs sowie finalen Vision zeichnete der einfühlsame Dirigent mit dem elitären Orchester in feinen transparenten Klangfarben nach. Somit erschien das Werk nicht nur in vortrefflicher Dichte und Flexibilität sondern auch in überbordender instrumentaler Schönheit.

Mit lautstarken Bravos, Beifallsstürmen und Standing Ovation wurden Harding und die Berliner gefeiert.

Gerhard Hoffmann

 

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