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BADEN BADEN: DAS RHEINGOLD – konzertante Aufführung

04.06.2017 | Oper

Baden-Baden: „DAS RHEINGOLD“ – 03.06.2017

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Johannes Martin Kränzle, Michael Volle. Copyright: Manolo Press/Michael Bode

War die Vorfreude auf Thomas Hengelbrock sehr groß doch der Dirigent musste krankheitshalber die musikalische Leitung der konzertanten Aufführung „Das Rheingold“ (Richard Wagner) im Festspielhaus abgeben doch gelang es wie bereits eine Woche zuvor in der Elbphilharmonie Marek Janowski zu verpflichten.

Nach Dutzenden bisher erlebten Rheingold-Aufführungen während der letzten Jahrzehnte mit fast allen namhaften Dirigenten, wähnte ich heuer die Partitur völlig neu zu erleben. Lag es an der rein musikalischen Konzentration ohne störende Nebeneffekte einer entbehrlichen Regie-Neudeutung? Wie denn auch sei, ich genoss das akustische Bad im reinen unverfälschten Wagner-Klang und oftmals dachte ich so bei mir: es ist ein Traum kann nicht wirklich sein und die Worte Loges Trügt mich ein Nebel? Neckt mich ein Traum? erhielten somit doppelte Bedeutung.

Schon mehrmals in seinem aufregend-bewegten Dirigentenleben schmiedete Marek Janowski den „Ring des Nibelungen“ in gewissen Zeitabständen und letztmals in der Berliner Philharmonie. Unweigerlich kann ich die Begeisterung des Online-Merkers Andreas Wilke vor einer Woche in der Elbphilharmonie Hamburg nachvollziehen und wünsche mir frei nach Wagnertexten O sag welch wunderbare Träume, halten meinen Sinn umfangen, wenn auch utopisch, den kompletten Ring etc. in dieser Konstellation erleben zu dürfen.

Wagnerianer, Freunde konzertanter Opernaufführungen fanden sich nun im Festspielhaus um den Klängen des phantastisch aufspielenden NDR Elbphilharmonie Orchesters zu lauschen, deren orchestrale Erzählweise in kongenialer Partnerschaft mit den Gesangssolisten Gänsehaut und feuchte Augen provozierten. Mir erschien einfach alles anders, zu Beginn die webenden Urklänge aus den Tiefen des Rheins, durchzogen von sezierend-aufbauender Tiefenpsychologie des mystischen Erschaffens der Naturgewalten in agogisch schimmernden Überleitungen in die höheren Sphären der Götterwelt. Marek Janowski steigerte sich raumfüllend allmählich in jene unverwechselbare Klangarchitektur des Bayreuther Meisters und offenbarte Wagner-Wonnen pur. Dem Dirigenten schien jegliche Selbstverherrlichung fremd, in frappierender Präzision stellte sich Janowski jeden Moment in den Dienst des Komponisten, sorgte für klare aussagekräftige Strukturen, prägend rhythmische Akzente und fein abgestufte orchestrale Dynamik. Ohne überproportionierte Fortissimo glänzten die Blechbläser, schwelgten die Streicher und Harfen und bereiteten ein üppig klangvolles verschwenderisches Fest für die Ohren.

Auf Augenhöhe des packend-spannenden Orchestersounds entfalteten die Sänger intensiv ihre Bühnencharaktere in prägnanter Deklamation, dass man jedes gesungene Wort verstand, schier von den Lippen ablesen und den Blick keinen Moment bar ihrer glutvollen Darstellung abwenden konnte. Ohne Schmälerung einer Vokalleistung boten die beiden Kontrahenten Wotan und Alberich superbe Qualitäten.

Im Kreise dieser profilierten Sängerpersönlichkeiten gebührt die Krone des Abends zweifellos dem Göttervater alias Michael Volle. Mag manchem Hörer das zuweilen helle Timbre des exzellenten Sänger-Darstellers weniger liegen, faszinierte mich sein klangvolles kerniges Stimmvolumen, die frei strömende Legatokultur, seine profunde differenziert artikulierende Linie, sein in allen Lagen herrliches Timbre sowie seine exquisite stets nuancierende vokale Intensität.

Hochkonzentriert führte Johannes Martin Kränzle die Vorzüge seiner angenehmen dunklen Stimmfarben ins Feld, beeindruckte gleichwohl in durchgeformter Gesangslinie, immenser Kraft, Atemtechnik und charakterisierender Klangschönheit. Wo und wann darf man einen derart auftrumpfenden und eindrucksvollen Alberich zu den Monologen sowie Dialogen mit Wotan erleben? Ein Extra-Bravo für diesen sympathischen großartigen Bassbariton.

Ausgezeichnet ohne jeglichen weinerlichen Unterton glänzte Elmar Gilbertsson mit tenoral vorzüglichen Qualitäten als Mime. Prächtig entfalteten Christof Fischesser (Fasolt) und Lars Woldt (Fafner) ihr klangvoll-sonores Basspotenzial und unterstrichen die Riesen- Auftritte mit vokaler Gefährlichkeit.

Vortrefflich besetzt die restliche Götterwelt: Ätzend hintersinnig präsentierte Daniel Behle den listigen Loge, mochte seinem bestens geführten Tenor noch an schlagkräftigem Volumen fehlen, glich es der intelligente Sänger mit geschmeidiger Stimmführung und umwerfender Artikulation aus. In bester Manier dank seines herrlichen Belcanto-Baritons schwang Markus Eiche optisch wie sanglich im Überschwang den Hammer Donners und verhaspelte sich dabei textlich. Tenoral schönstimmig kam Lothar Odinius als Froh daher.

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Die Rheintöchter. Copyright: Manolo Press/Michael Bode

Mit kühlem Mezzosopran umgarnte Fricka (Katarina Karnéus) Göttergatten und ließ bar dieser Töne keinen Zweifel , dass der Umworbene später sein Heil anderswo suchen wird. Charisma, sonore Altfülle, glockenreine Obertöne mischte Nadine Weissmann dem warnenden Orakel der Erda bei. Angenehm und schönstimmig fügten sich Gabriela Scherer (Freia) sowie die Wassernixen des Rheins Mirella Hagen, Julia Rutigliano, Simone Schröder ins vortreffliche Ensemble.

Elf Minuten Bravochöre, prasselnder Applaus und Standing Ovation für diese beispiellos packende konzertante Aufführung.

Gerhard Hoffmann

 

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