Starttermin: 22. September 2016
BAD MOMS
USA / 2016
Drehbuch und Regie: Jon Lucas
Mit: Mila Kunis, Kristen Bell, Kathryn Hahn, Christina Applegate u.a.
„Buddy“-Filme gibt es auch auf weiblich, und da traten sie gerne als Terzett auf – wie Michelle Pfeiffer, Susan Sarandon und Cher als die „Hexen von Eastwick“ (1987) oder Goldie Hawn, Diane Keaton und Bette Midler als der „Club der Teufelinnen“ (1996). Schauspielerinnen dieses Kalibers haben wir nicht mehr, aber immerhin ergeben Mila Kunis als die attraktive Anführerin, die „brave“ Kristen Bell und die total schrille Kathryn Hahn ein Trio von „Bad Moms“, das einen Film trägt, der eigentlich nicht weiß, was er aussagen will – nur, dass er sehr gerne blödelt.
Er stammt auch aus der Werkstatt der Leute, die die erfolgreichen „Hangover“-Filme (Drehbücher: Jon Lucas und Scott Moore) und mit allem versehen haben, was man an gehirnfreier Blödelei nur auf die Leinwand schicken kann…
Allerdings ist das „Mutter“-Problem ein echtes, für alle Frauen dieser Welt, nicht nur für die amerikanischen. Hier jedenfalls hat man drei Damen, deren Gatten (so vorhanden) sich von der Mitverantwortung drücken, entweder fremd gehen oder großartig Befehle für die Gattin als devote Dienerin ausgeben… und die Mütter finden sich, vor allem, wenn berufstätig, in einer schwer zu ertragenden Überlastung. Zumal sie von den Damen, die „Nur-Mütter“ sind, höhnisch zur größten Perfektion aufgefordert werden, anderenfalls sie tiefster, hämischer Verachtung anheim fallen.
Das hat schon was als reale Situation, und letztendlich ist auch der amerikanische Film dabei angelangt, den Kitsch der Familienverherrlichung ins Wanken zu bringen. Die „Moms“ werden also durchaus aufgefordert, sich auch einmal zu wehren, selbst wenn sie dann in den Augen der „Perfekten“ erst recht zur Unperson werden (Christina Applegate spielt eine solche wie eine süffisant-erstarrte blonde Barbie-Puppe, die nur am Ende heulend eingestehen darf, dass auch bei ihr nicht alles so wunderbar läuft, wie sie immer vorgibt).
Mila Kunis, bildschön wie eine junge Angelina Jolie, nur lebendiger, als diese je auf der Leinwand war, rast also durchs Leben – diese Amy zwei Kinder im Schulalter, die als Arbeit und Verantwortung ganz auf ihr liegen, während sie den nichtsnutzigen Gattin dabei ertappt, dass er beim Chat mit einer fremden Schönheit in Selbstbefriedigung schwelgt. Im Büro will man selbstverständlich nur ihre Arbeitskraft, zumal sie von lauter Freaks umgeben ist, die nichts leisten, und im Kreis der Mütter soll man prunken bei Sport, Party und Elternabend – kein Wunder, dass sie eines Tages die Nase soooo voll hat.
Beim Drink an der Bar findet man Leidensgenossinnen: Kristen Bell als Kiki ist so blond und brav und unterdrückt von Gatten und gleich vier Kindern, dass der schüchterne, nur langsam selbstbewusst hochwachsende Widerstand ansteht. Und Kathryn Hahn als Carla ist ohnedies für Rebellion geboren – eine Darstellerin, die den Typ „entfesselte Komödiantin“ vollendet verkörpert und sich umso wohler fühlt, je schockierender sie sich gebärden darf.
Wenn nun die guten Mamas zu bösen Mamas werden und gewissermaßen streiken, dann ist diesem Film von Jon Lucas (zu eigenem Drehbuch, zusammen mit bewährtem Blödel-Kollegen Scott Moore) auch gelungen, wie herrlich sich alle wundern – die Ehemänner, die entweder rausgeschmissen oder endlich bekämpft werden, die Kinder, die es nicht fassen, dass die sonst wie eine Maschine alles erledigende Mama findet, sie könnten sich ihr Frühstück auch einmal selbst machen, und vor allem die „Perfekten“, die angesichts der Nichtbeachtung ihrer Regeln und Normen merken, dass sie im Grunde keine Macht besitzen…
Ginge am Ende alles in dem Sinn gut aus, dass die Erkenntnis, Mütter haben auch Rechte, konsequent durchgezogen wäre – ja, dann hätte diese Komödie einen Sinn. Aber sie muss sich in zuckrigen Happyends ergehen: der böse Ehemann wird durch einen lieben, attraktiven Solo-Papa ersetzt (komisch, dass die nur im Kino immer bei der Hand sind), im Büro holt man Amy mit offenen Armen zurück, nachdem sie wegen längeren Nichterscheinens bei der Arbeit rausgeschmissen wurde (das sollte mal im „echten Leben“ passieren), der böse Ehemann wird handzahm, und selbst die randalierende Carla umarmt ihren Sohn liebevoll… und wenn man nicht jeden Satz an die Kinder mit der Versicherung „I love you“ beschließt, so wäre man nicht in einem amerikanischen Film…
Was soll es also? Sicher, das ist gut gespielte Unterhaltung mit vielen gesellschaftlichen Spitzen und Seitenhieben, die treffen. Aber zu sagen, dass das System wirklich nicht funktioniert – das wagt niemand, schon gar nicht eine amerikanische Komödie. Die ihr inhaltliches Kapital solcherart am Ende verspielt.
Renate Wagner