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ATHEN/ Onassis Cultural Centre/ Parnassos-Saal: HYPPOLYTOS von Dimitris Kamarotos. Wörter und Töne im Raum

11.06.2017 | Oper

Onassis Cultural Centre, Athen

In der Literarischen Gesellschaft Parnassos

Hippolytos

Besuchte Vorstellung am 11. Juni 2017- Wörter und Töne im Raum

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Amalia Moutousi. Copyright: Aris Kamarotos

 Über das Verhältnis von Sprache und Musik haben Komponisten viel nachgedacht. In aller Regel kreisten die Gedanken dabei aber um Fragen der Vertonung. Der Komponist und Musiker Dimitris Kamarotos beschreitet nun einen anderen Weg, wenn er sich der Tragödie „Hippolytos“ von Euripides annimmt. Er setzt die Musik neben den Text, der von Nikos Flessas ins Neugriechische übersetzt wurde. Das Ergebnis könnte man vielleicht als Zwitter bezeichnen, weder Schauspiel noch Konzert, aber fraglos eine Form des Musiktheaters.

 Im neoklassizistischen Ambiente des Parnassos-Saals im Zentrum von Athen sind es wenige Gegenstände (Raumgestaltung: Eva Manidaki) und das Licht (Giannis Drakoularakos), welche eine theatrale Atmosphäre schaffen. Dimitris Kamarotos sitzt mit Laptop und Instrumenten an einem Tisch auf dem kleinen Podium des Saals. Die Schauspielerin Amalia Moutousi bewegt sich im Raum, verschiedene Positionen einnehmend. Die meiste Zeit hält sie ein Textbuch in Händen. Da Moutousi alle Rollen spricht, wird der Name des jeweils im Stück Sprechenden an die Wand projiziert. Das sorgt für die nötige Orientierung im Meer an Sprachmusik. Die Schauspielerin gibt den Figuren unterschiedliche akustische Masken und zeigt eine einfühlsame Aneignung.

 Was macht nun die Musik bei alledem? Sie folgt den Worten, erst etwas unscheinbar und im Hintergrund bleibend, später stärker dazwischentretend und eigene instrumentale Akzente setzend. Die kurzen Saxophonsoli von Kamarotos haften beispielsweise im Ohr. Die Musik entwickelt aber kein Eigenleben, sie scheint den Raum der Wörter nur ausdehnen, Assoziationen hinzufügen zu wollen. Sie interveniert oder dekonstruiert  nicht – die Sprache bleibt stets intakt, sieht man von zwei kurzen Momenten des Stammelns ab. Man hätte sich da mehr Verstörung und Hinterfragung gewünscht. Einmal gestalt der Komponist ein Echo, wenn er am Pult stehend Wörter, welche Moutousi spricht, nachspricht. Magisch wird die Aufführung nur in einer Szene, wo die Akteurin einen Kasten durch den Raum trägt. Wenn sie diesen, was mehrfach geschieht, vor Zuschauern öffnet, dringt Musik daraus hervor. Ein starker, poetischer Moment. Trotz ausgeklügeltem, technischem Setting mit Pendellautsprechern krankt das Ganze an einem Mangel an Form, sprich formalem Eigenleben. Salopp gesagt: Gegen Euripides kommt Kamarotos nicht an. Als Experiment ist die Produktion fraglos interessant. Und Amalia Moutousi ist dabei eine sehr gute Sprecherin/Schauspielerin wie Dimitris Kamarotos ein überzeugender Musiker. Das Publikum spendet anhaltenden Beifall.

 Ingo Starz

 

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