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ATHEN/ Onassis Cultural Centre im Elektrizitätswerk Keratsini: THE SEARCH FOR POWER von Tania El Khoury

14.05.2019 | Theater


Ziad Abu-Rish. Foto: privat

Onassis Cultural Centre im Elektrizitätswerk Keratsini, Athen: The Search for Power

Besuchte Vorstellung am 12. Mai 2019

Das Fast Forward Festival des Onassis Cultural Centre begibt sich auch mit seiner diesjährigen Ausgabe in Aussenräume und experimentiert mit neuen Theaterformen. Die performative Installation „The Search for Power“ der libanesischen Künstlerin Tania El Khoury bietet dem Publikum die Gelegenheit zu einem kurzen Bustrip in eine der westlichen Vorstädte von Athen. Das Ziel ist Keratsini, wo sich das Elektrizitätswerk der Metropole befindet. Dank der Performance, die einer zentralen Halle stattfindet, kann man als Zuschauer die eindrückliche Industrieanlage besichtigen resp. erleben.

Die Künstlerin hat zusammen mit ihrem Mann, dem Historiker Ziad Abu-Rish eine Mischung aus Archivraum und Hochzeitssaal in das Industriegebäude hineingesetzt. Das Publikum nimmt an einer langen Tafel Platz, wo Wein und Trauben zur Verköstigung bereitstehen. El Khoury und Abu-Rish agieren an den beiden Schmalseiten, so dass einerseits ein Dialog zwischen den Beiden stattfindet, andererseits aber auch die Zuschauer, die eine Archivschachtel am Platz vorfinden, involviert werden. Das Paar aus dem Libanon erzählt die Geschichte der Elektrizität im Libanon, ausgehend von dem Umstand, dass das Land von permanenten Stromunterbrüchen heimgesucht wird. Die Narration folgt den umfangreichen Archivrecherchen, welche unternommen wurden und in ausgewählten Kopien allen Zuschauern vor Augen geführt werden. Man bekommt eine verschlungene Geschichte zu hören, die in die Kolonialzeit zurückführt und verschiedene westliche Mächte, wie Frankreich, Belgien und die USA involviert. Bisweilen schreiten die Erläuterungen etwas zu rasch voran und man verliert für Augenblicke die Übersicht. Klar schält sich aber aus dem Erzählen heraus, wie sehr die Geschichte der Elektrizität im Libanon von kolonialen und imperialen Interessen tangiert war und ist. Der Blick auf den Strom erhellt die jüngere Vergangenheit eines Landes, das bis heute oft im Dunkeln sitzt.

Ein Stromausfall ereignete sich auch, als Tania El Khoury und Ziad Abu-Rish vor wenigen Jahren ihre Hochzeit feierten. Dieser Moment inspirierte die Szenerie der Performance. Und wie die Hochzeitsgäste kommen die Zuschauer am Schluss mit dem Brautpaar zum Tanz im Dunkeln zusammen. Ein schöner Einfall, der eine sorgsam komponierte und lebendig vorgetragene Performance beendet. Mit „The Search for Power“ erlebt man dokumentarisches Theater der lustvollen Art.

Das Publikum spendet reichlich Beifall und unterhält sich anschliessend angeregt mit den beiden Akteuren.

Ingo Starz

 

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