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ATHEN/ Onassis Cultural Centre/Fast Forward Festival: THE WILD HUNT von Thomas Bellinek

16.05.2019 | Theater


Copyright: Laura van Severen.

Onassis Cultural Centre, Athen: The Wild Hunt

Besuchte Vorstellung am 13. Mai 2019

Thomas Bellinck, ein in Brüssel lebender Künstler, ist bekannt für seine dokumentarischen und performativen Installationen. Dabei ist stets ein grosses Interesse am Inventarisieren, am Neuformulieren des Musealen erkennbar. Die Resultate von Bellincks Arbeit sind reizvolle Hybride, Installationen, die Elemente von Archiv, Museum und Theater kreativ miteinander verbinden. Die Themen seiner Projekte sind äusserst zeitgenössisch und gesellschaftlich relevant.

Beim Athener Fast Forward Festival präsentiert der Künstler als Weltpremiere seine neueste Arbeit „The Wild Hunt“. Es ist ein Projekt, das auf die Migrationsströme der letzten Jahre, genauer auf die darauf reagierenden politischen Massnahmen Bezug nimmt. Die Installation, in welcher Thomas Bellinck als Erzähler agiert, handelt kurz gesagt davon, wie Menschenjagd zu einem Mittel der Politik in Europa wurde. Die Performance findet auf der grossen Bühne des Onassis Cultural Centre statt, wo die Zuschauer auf ein kleines Museum blicken, dass wenige Objekte mit starker Aussage – ein Jagdgemälde findet sich neben einem Reisepass – in Szene setzt. Der Performer sitzt zu Beginn auf einer Bank und schaut auf ein Diorama im Hintergrund, bevor er sich an das Publikum wendet. Bellincks Erzählen rahmt Auszüge aus Interviews, die er mit Flüchtlingen geführt hat. Die audiovisuelle Installation berichtet in mehreren Kapiteln und mit kulturgeschichtlichen Einsprengseln vom unmenschlichen Umgang mit Schutzbedürftigen. Als Zuschauer und Zuhörer kann man sich dem Sog, den insbesondere die auditiven Dokumente in verschiedenen Sprachen (mit Übertiteln) auf einen ausüben, schwerlich entziehen. Interessant und eindrücklich ist, wie geschickt der Künstler Gegenwart und Vergangenheit, die Tradition der Jagd und das heutige „wilde“ Treiben miteinander verknüpft. Das Resultat ist eine performative Installation mit einem beachtlichen Grad an Reflexion.

Das Publikum folgt aufmerksam Bellincks Ausführungen und verlässt am Schluss schweigend die Bühne.

Ingo Starz

 

 

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