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ATHEN/ Megaro Mousikis: FROSYNI von Pavlos Carrer. Premiere

16.01.2017 | Oper

Megaro Mousikis, Athen: FROSYNI von Pavlos Carrer. Premiere am 14. Januar 2017

 Tod im Aquarium

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Pavlos Carrer

 Griechenland ist für manches bekannt, aber sicher nicht für seine Opernkultur. Das ist partiell mindestens bedauerlich. Komponisten wie Pavlos Carrer sind ausserhalb des Landes nahezu unbekannt, obschon es nicht an musikalischen Qualitäten fehlt. Darum ist es ein lobenswertes Unterfangen, dass das Athener Musikzentrum Megaro Mousikis nun Carrers 1868 im Theater von Zakynthos uraufgeführte Oper „Frosyni“ für drei Vorstellungen auf die Bühne brachte. Pavlos Carrer wurde 1829 auf Zakynthos geboren und gilt als der bedeutendste Opernkomponist der frühen Ionischen Schule. Er studierte 1850-57 in Mailand, wo 1852 auch seine erste Oper „Dante e Beatrice“ uraufgeführt wurde. 1857 kehrte Carrer nach Zakynthos zurück, wo er zeitweise Leiter der Philharmonischen Gesellschaft war. Seine Musik, die an den frühen Verdi erinnert, entwickelt in den Werken mit griechischen Sujets eine bemerkenswerte persönliche Sprache.

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Copyright: Megaro Mousikis

 In seiner Oper „Frosyni“ greift Pavlos Carrer einen im damaligen Griechenland sehr bekannten, historischen Stoff auf. Das Werk erzählt die Geschichte von Frosyni, einer Nichte des Bischofs von Ioannina, die mit dem reichen Kaufmann Dimitrios Vasiliou verheirat war. Als Mitglied der lokalen Aristokratie war sie für ihre Schönheit und Klugheit bekannt. Frosyni hatte eine Liebesaffäre mit Muhtar Pasha, dem Sohn des ottomanischen Gouverneurs Ali Pasha. Am 10. Januar 1800 wurde sie mit 17 anderen Frauen auf Anordnung Ali Pashas inhaftiert und des Ehebruchs angeklagt. In der Nacht des 11. Januars fand die Tötung von Frosyni und 16 weiteren Frauen statt: gefesselt und in Säcke gesteckt wurden sie in den Pamvotida-See geworfen. Von den griechischen Zeitgenossen wurden die Frauen als Märtyrerinnen verehrt – Frosyni galt den Unterdrückten als Heroine im nahenden Befreiungskampf.

 Die Regisseurin Zoe Hatziantoniou bringt Carrers Werk mit viel Witz und Ironie auf die Bühne. Da die Mittel im Megaro Mousikis beschränkt sind, arbeitet sie mit wenig Requisiten, szenischen Versatzstücken (Bühnenraum und Kostüme: Petros Touloudis) und Video (Stathis Athanasiou). Dabei wird das griechisch-türkische Lokalkolorit sehr apart mittels typischen Kleidungsstücken und Fähnchen eingesetzt. Das alles hat Drive, ist schlüssig durchdacht und reicht vollkommenen aus, um dem Publikum eine schwungvolle Erzählung zu bieten. Es beginnt gleichsam als Strassentheater und endet mit der Tod Frosynis im Aquarium. Hatziantoniou steht für ihre beinahe postdramatisch anmutende Herangehensweise ein äussert spielfreudiges Ensemble zur Verfügung. Michalis Papapetrou leitet überzeugend das Mini-Orchester, das mit erstklassigen Musikern aufwartet: Guido de Flaviis, Antonis Hatzinikolaou, Charis Pazaroulas, Angela Giannaki, Giorgos Lolas.

 Auf der Bühne sind es eher die Männer, die den (schönen) Ton angeben. Der Tenor Yiannis Kalyvas als Muhtar weiss mit schönem Timbre und sicher geführter Stimme für sich einzunehmen. Der Bariton Sotiris Triantis als Ali Pasha überzeugt mit sonorem Klang und dramatischem Gestaltungsvermögen. Die Sopranistin Lito Messini als Frosyni ist dagegen den Anforderungen der Partie nicht ganz gewachsen. Öfters erweist sich das Tremolo ihrer Stimme als störend. Sehr schöne Leistungen bieten Yiannis Selitsaniotis und Anastasia Kotsali in den Nebenrollen. Das Publikum bedankt sich mit viel Beifall für eine inspirierte, sehr gute Wiedergabe eines musikalisch interessanten Werks.

 Ingo Starz

 

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