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ATHEN/ Greek National Opera: DON GIOVANNI . Neuinszenierung. Stream

15.02.2021 | Oper international

Greek National Opera, Athen /GNOTV

Don Giovanni

Online seit 14. Februar

gno don giovanni photo andreas simopoulos (56)
Foto: GNO

Menschen im Hotel

Eigentlich sollte der neue „Don Giovanni“ der Griechischen Nationaloper im vergangenen Dezember seine Premiere vor Publikum erleben. Da der Lockdown dies verunmöglichte, wurde die Produktion filmisch festgehalten und kann nun gegen ein Entgelt von € 10.- online angeschaut werden. Angesichts der anhaltenden Einschränkungen, macht dies fraglos Sinn. Doch wie mag sich Mozarts Oper auf dem häuslichen Screen ausmachen? Ist es um die musikalische Qualität besser bestellt als bei „Le nozze di Figaro“ vor zwei Jahren?

Mit dem australischen Dirigenten Daniel Smith steht jemand am Pult, der das Orchester zu führen weiss. Es wird sauber musiziert, ein gepflegtes Klangbild entsteht. Was jedoch fehlt, sind prägnante Akzentuierungen, die Farbe ins Spiel brächten. Das Ganze nimmt sich etwas fad aus. Die Mitglieder des Chors zeigen passable Leistungen. Die Kollektive der Nationaloper sind musikalisch noch ein ganzes Stück vom internationalen Niveau entfernt. Doch wie ist es um die Inszenierung bestellt, welche im Vorfeld als „spektakulär“ angekündigt wurde?

Der Regisseur John Fulljames verlegt die Handlung der Oper in ein schickes Hotel (Bühnenbild: Dick Bird), wie es sie in allen Metropolen dieser Welt gibt. Don Giovannis Aktivitäten finden so in Hotelzimmern, der Lobby oder auf dem Flur statt. Und die Festszene bietet gar einen reizvollen Ausblick auf die nächtliche Stadt. Im Spiel mit Drinnen und Draussen – einmal sieht man gleichzeitig das Innere der Hotellobby and die Hotelfassade – rücken Stadt und Hotel metaphorisch zusammen. Der gesellschaftliche Mikrokosmos der Oper korrepondiert durchaus mit dem dargestellten Hotelleben, das so privat wie öffentlich daherkommt. Allerdings betont das filmische Bild gar sehr das Kulissenhafte des Ganzen. Die Bühne bleibt dominierend. Und was auf dieser zu sehen ist, lässt oftmals eine Feinzeichnung der Figuren vermissen. Donna Anna und Don Ottavio stehen beispielsweise wie immer da, wenn sie den toten Komtur auf dem Hotelflur entdecken. Ausserdem fehlt es dem Hotelbetrieb generell an Umtriebigkeit. Das Resultat ist so eine gewisse Statik, welche – mehr als es der interessante Ansatz der Inszenierung verträgt – operntableauartige Figurenkonstellationen hervortreten lässt. Das Geschehen dieser Don Giovanni-Produktion gewinnt so nur mässige Überzeugungskraft. Und der erotische Kraftstrom der Hauptfigur zerfällt in mehr oder weniger interessante Episoden.

Tassis Christoyannis als Don Giovanni bietet ein differenziert gesungenes Rollenporträt. Seiner Stimme mangelt es aber an viriler Kraft und bisweilen auch an Eleganz. Optisch und spielerisch kommt er zudem Falstaff näher als Don Giovanni. Tassos Apostolou verleiht dem Leporello mit dem Volumen seiner Stimme eine Würde, die dem Komischen der Partie im Wege steht. Seine Stimme klingt schön, weist jedoch zu wenig Nuancen und Leichtigkeit auf. Vassiliki Karayanni als Donna Anna hat zwar die Töne der Partie, ihrem Timbre mangelt es aber an Farben. Manchmal haftet ihrem Gesang etwas Schrilles an. Anna Stylianakis Donna Elvira bietet da stimmlich mehr Wärme und Dramatik. Von beiden Damen würde man sich mehr Zwischentöne wünschen. Der Don Ottavio von Yannis Christopoulos lässt es an Mozartscher Geschmeidigkeit und Klangschönheit fehlen. Petros Magoulas gibt einen soliden Komtur. Chrissa Maliamani ist eine gute Besetzung als Zerlina, Nikos Kotenidis als Masetto hält sich solide daneben. 

 

Der neue Athener „Don Giovanni“ kann sich trotzt der vorgebrachten Kritik durchaus hören lassen. Für ein internationales Publikum dürfte er aber freilich kaum von grösserem Interesse sein.

 

Ingo Starz (Athen)

 

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