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MANNHEIM: MÉDÉE von Luigi Cherubini

12.02.2016 | Oper

Mannheim: Médée von Cherubini  11.2.2012

 Medeee (Medea) von Luigi Cherubini ist vielleicht eine der klassischsten oder klassizistischsten Opern die existieren. Um die Wende vom 18. ins 19.Jahrhundert komponiert, also auch als Nachhall oder gar Antwort auf die französische Revolution, verbindet ihr Autor deutsche klassische Symphonik, die geradezu Beethoven vorausahnt, mit italienischer Gesangskunst der Opera seria in einem französischen Libretto, das sich eindeutig als wunderbar sangbar erweist. Einziger Nachteil erscheinen die auf deutsch gesprochenen Zwischentexte, die die Homogenität des Werkes stören, und manchmal an den Rand einer romantischen Ballade führen, z.T.auch wie bei Dircé unverständlich vorgetragen. Ohne diese Zwischentexte würde Medée als Vorwegnahme einer Pariser Grand Opera durchgehen, wo sie auch 1797 uraufgeführt wurde.

Die Stärke der entwickelnden Arbeit nicht nur in der Sonatenform bei Cherubini wird durch die gut inspirierte Orchesterarbeit des Nationaltheaters beglaubigt, die am Pult von dem agilen Rossen Gergov jederzeit abgerufen werden kann. Während in der Komposition über weite Strecken motivische Arbeit und Dynamik vorherrschen zeigt die Inszenierung von Achim Freyer (auch Bb. und Kostüm) genau das Gegenteil, nämlich Statik. Die Protagonisten sind wie ihre eigenen Denkmäler vorne postiert und treten von hinten auf langen Rampenbahnen langsam auf ihre Sockel auf. Die hohen Seitenwände laufen schräg hinten aufeinander zu, und hoch oben singen die Chöre, nur die Köpfe in Masken sichtbar, wie an einer Stange aufgereiht. Aufgelockert wird die Statik durch eine vehemente Lichtregie Freyers, mit der der Raum immer wieder anders belebt wird. Dazu kommen die Personen in Masken, die alle auch eine eigene Körperdramatik besitzen mit ausgefeilter Arm- und Handgestik, sogar ihre Kleider können vom Bühnenrand her bewegt werden. Im 2.Akt erscheinen auch Medeas Kinder ineinander verschlungen auf einem Podest, nach ihrer Erdolchung in Rückenansicht blutüberströmt. Dircé, die neue Gemahlin Jasons erscheint hier bereits wie im Himmel, wo oben die Wände aneinander stoßen.

 Neris, die Gefährtin der Medea singt Edna Prochnik mit profund pastosem Alt. Auf dem rechten Podest ist sie mit modelierten Brüsten besonders archaisch gestaltet. Bei der Dircé der Estelle Kruger wollte Freyer mit leerer weißer Gesichtsmaske wohl die ’nichtssagende‘ neue Geliebte des Jason kennzeichnen, mit der sich auf eine Ehe wegen der Konvention in Korinth einlässt. Estelle Kruger singt demgegenüber mit einem liebeichen Sopran. Ihren Vater, König Creon, singt mit wunderbarem nie druckvollem, aber markantem Baß Karsten Mewes. Auch er erscheint bis zur Unkenntlichkeit maskiert in einem exzellent designten Königsmantel. Yves Saelens singt sich mit seinem extrem gut kingenden kompakten wie flexiblem Tenor als Jason in die Gehörgänge. Mit Hut und bürgerlichem Cut ist er noch Reisender. Nadja Stefanoff gibt die Medee mit glockenhellem Sopran, der auch Druck aufbauen kann und exorbitant über die Orchesterwogen kommt. Gestaltet hat sie Freyer wie eine Meduse mit wild zerfetzten schwarzen Schlangenhaaren und riesiger schwarzer Tüll-Robe. Ihre Arme bewegt sie wie Stummel drohend nach oben.
Alles in allem ein echter Freyer!                                              

Friedeon Rosén

 

 

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